Terror

Seitenweise wurde darüber geschrieben, stundenlang darüber gesprochen. Von möglichen Anschlägen des IS während der EM-Tage in Frankreich. Versprochen wurden die unbezwingbaren Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land. Polizei in Armeestärke, bedrohlich beruhigend.

Hingegen wurde eine menschenähnliche Spezies in den vergangenen Wochen nie zum Thema, die ihre terroristischen Qualitäten in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich schon oft unter Beweis gestellt hat.

Der Hooligan. In Marseille in Massen aufgetreten. Russisch, englisch, französisch, sogar österreichisch, überhaupt international. Live übertragen im TV in endlosen EM-Sondersendungen, in denen ganz nebenbei, anscheinend ohne vorangegangenen Nachdenkprozess von der "Todesgruppe D" (© n-tv) die Rede war. Europa kotzt sich weiter aus: Rechtsradikale aus Deutschland "marschierten" gestern in Lille ein. Rechte Arme zum Hitlergruß erhoben.

Die Fußball-EM war gerade einmal zwei Tage alt. Und schon hat sie ihren schwarzen Fleck. Horden prügelten in Marseille aufeinander ein, in einer stundenlangen Straßenschlacht, die wie fix terminisiert wirkte, was sie möglicherweise auch war.

Von jeder Hemmung befreite Hooligans – das war nicht die Gefahr, mit der die Organisatoren wirklich gerechnet haben. Wie meinte OK-Chef Jacques Lambert im vergangenen Dezember: "... das ist nicht das, wovor wir uns am meisten fürchten."

Ein wenig fürchten wäre nicht schlecht gewesen. Denn überrascht wurde das Land von den schlimmsten Ausschreitungen, die zuletzt bei Großveranstaltungen stattgefunden haben. Auch im Stadion wurden feindselig gestimmte, nicht voneinander getrennte Lager zur Schlägerei geladen, Leuchtraketen als Mitbringsel, dort im angeblichen Hochsicherheitstrakt, wo der Terror keinen Einlass findet.

Die UEFA schreit auf, verwarnt und droht Russland und England mit dem Rauswurf aus dem laufenden Turnier.

Und sie verbietet schmutzige TV-Bilder aus dem Stadion. Weil sie sauber bleiben muss, ihre EM.