Das war der VCM 2013

Reichsbrücke bis Heldenplatz: Erwin war dabei!
Erwin Zbiral

Erwin Zbiral

Es gibt also doch noch Hexen, denke ich mir.

von Erwin Zbiral

über den VCM 2013

6:00 Ich wache auf. Der Wecker würde erst um 6:30 läuten. Es ist schon hell draußen. Ein paar kleine Wolken am sonst blauen Himmel.

7:00 Ich trinke ein isotonisches Getränk und esse eine Kiwi. Heute ist Kaiserwetter angesagt. Ich werde mit Kappe und mit Sonnenbrille laufen.

7:45 Ich treffe Karl vor der U-Bahn-Station "Alte Donau". Wir geben unsere Kleidersäcke ab und gehen nach vor zum Wüstelstand Kaisermühlen, wo ich meinen Fototermin habe. Alles voller Menschen...

8:20 Der Kurier-Fotograf macht seine Bilder für die Print-Ausgabe. Er braucht wirklich nur 5 Minuten.

8:30 Wir stehen im Startblock in der Sonne und warten.

9:00 Start VCM. Nach zweieinhalb Minuten gemütlich gehen erreiche wir die Startlinie. Ich wünsche Karl alles Gute. Er wird das Rennen schneller angehen. Dieses Mal laufen wir nicht gemeinsam. Ich entscheide, die Anfangsgeschwindigkeit so zu wählen, dass ich bei konstatnter Geschwindigkeit nach 3 Stunden 45 Minuten im Ziel sein würde (5:20/km).

9:27 Kilometer 5: Auf der Hauptallee fehlen die Blätter auf den Bäumen, sodass wir nicht von den Sonnenstrahlen geschützt werden. Wir schwitzen jetzt schon. Entgegen meiner Gewohnheit trinke ich schon bei der ersten Labe etwas Wasser.

9:53 Kilometer 10: Obwohl ich meine Geschwindigkeit ziemlich konstant halte, überhole ich einen Läufer nach dem anderen. Vor mir taucht eine zierliche Frau auf. Auf ihrem weißen T-Shirt steht am Rücken in großen Buchstaben "Witches of Eastwick!" Es gibt also doch noch Hexen, denke ich mir.

10:20 Kilometer 15: Seit einiger Zeit geht es bergauf. Daher gebe ich etwas Gas, um in der angestrebten Zeit zu bleiben. Bei Kilometertafel 15 zeigt meine Uhr exakt 1:20:00. Genau in der Zeit. Ich gratuliere mir zu diesem guten Beginn.

10:47 Kilometer 20: Wir haben den höchsten Punkt erreicht. Überall Läufer! Ich komme gar nicht dazu, mir die schönen Gebäude anzusehen. Viele werden aber nach der Halbmarathon-Distanz die Laufstrecke verlassen, dann wird es sicher besser. Ich freue mich darauf, dass es jetzt endlich bergab geht, da kann ich wieder ein wenig Zeit aufholen.

10:53 Kilometer 21,1 ( Halbmarathon!): Die Uhr zeigt ca. 1:52:40. Für 3:45wird es knapp, aber ich laufe immer noch ohne Probleme. Wenn es 3:48 oder 3:49 werden, bin ich auch happy.

11:13 Kilometer 25: Na bitte, die letzten 5 Kilometer waren recht schnell. Ich liege im Schnitt noch immer bei 5:20. Wenn ich das noch bis zum 30er halte, werde ich dann etwas Tempo rausnehmen, um die letzten Kilometer nicht "einzugehen".

11:42 Kilometer 30: Die letzten Kilometer waren sehr hart. Es hat ewig gedauert, bis wir wieder in den Prater eingebogen sind und meine Geschwindigkeit ist deutlich langsamer geworden. An den Laben lasse ich mir beim Trinken schon etwas Zeit, um zu verschnaufen.

12:15 Kilometer 35: Bis Kilometer 31 hatte ich gehofft, dass es wieder besser wird, dass die Krise sich legt. Es ist schlimmer geworden. Seit Kilometer 32 brauche ich jeden Kilometer eine Minute Gehpause. Wenn das so weitergeht, und es wird so weitergehen, denn es gibt keine Anzeichen, dass sich mein körperlicher Zustand ändert, dann schaffe ich mit Glück gerade noch die 4 Stunden.

12:25 irgendwo zwischen Kilometer 36 und 37: DIe Zeit ist mir inzwischen egal. Ich habe nur noch einen Wunsch. Es soll endlich schon vorbei sein. Der Spaß-Faktor ist in den negativen Bereich gerutscht. Aber je langsamer ich werde, desto länger wird es noch dauern...

12:48 Kilometer 40: Normalerweise freut man sich bei der 40er-Marke und mobilisiert für die letzten 2,2 Kilometer alle noch vorhandenen Kräfte. Meist kommt leichte Euphorie auf. Man hat es sicher geschafft. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Weder freue ich mich noch sind da noch irgendwelche Kräfte, die ich mobilisieren könnte. Ich laufe im Zeitlupen-Tempo. Immerhin gehe ich nicht.

13:05 Kurz vor dem Ziel: Meine Uhr zeigt 4:04:50. 4:04 wäre eine coole Zeit. Ich versuche zu Beschleunigen, aber es bleibt beim Versuch. Ich habe absolut nichts mehr zuzusetzen: Endzeit logischerweise 4:05:00

13:02 Noch 500 Meter: Wie soll ich die bloß schaffen? Ach wäre es nur schon vorbei. Der innere Jammer-Lappen ist voll in seinem Element.

13:30 Zielbereich: Ich bin so fertig, dass ich mich in die Wiese lege. Mein Zustand erinnert mich an jenen von 1995 (siehe meinen Blog "Zeitreise"). Die Stimmung ist eher schlecht und ich werde einen phänomenalen Muskelkater haben. Wenigsten blieb ich von Krämpfen oder Zerrungen verschont...

19:00 Zu Hause: Ich schreibe meinen Blog. Bei Karl ist es auch nicht so gut gelaufen. Statt den angestrebten 3:35 erreicht er "nur" 3:50. Romana ist ins Ziel gekommen in 4:46 - eine großartige Leistung. Ich habe mich mit meinen 4:05 halbwegs ausgesöhnt. Immerhin bin ich aus einer schwierigen Situation heraus doch noch ins Ziel gekommen. Und tatsächlich ist es ja so, dass alle, die bei diesem Marathon ins Ziel gekommen sind, wahre Laufhelden sind!DANKE an die Kurier-Redaktion, die mir ermöglicht hat diesen Blog zu schreiben, Marietta und das Team vom IMSB, die mir neue interessante Einblicke in die sportwissenschaftliche Traningslehre gewährt haben, Karl für den intensiven Austausch über Trainingseinheiten und Lauferlebnisse sowie für den gemeinsam gelaufenen Halbmarathon, Adriana und Julia fürs Daumen-Halten, Gabriele für die vielen Frühstücke, die sie mir an all den Wochenenden zubereitet, wenn ich gerade laufen bin und auch für sonst alles!!!

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