Die Charme-Offensive von Lord Hill und der Club der Toten Dichter

Juncker
Der britische Kommissars-Kandidat versuchte es bei seinem Hearing im Parlament mit Mehrsprachig- und Höflichkeit - mit mäßigem Erfolg.
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Erste Lektion: Begrüßen Sie in einer Fremdsprache!

von Philipp Hacker-Walton

über die Hearings der Kommissare

Jean-Claude Juncker hat es im Europa-Wahlkampf vorgemacht: Bei seinen großen öffentlichen Auftritten wechselte er nahtlos von einer Sprache in die andere - Deutsch, Englisch, Französisch, alles kein Problem für Juncker.

Einige Kommissars-Kandidaten aus Junckers Team versuchten diese Woche bei den Hearings im EU-Parlament ebenfalls mit ihren sprachlichen Fähigkeiten zu punkten - in unterschiedlicher Intensität und mit unterschiedlichem Erfolg.

Die größte Charme-Offensive legte Jonathan Hill hin: Die Nominierung des als euroskeptisch geltenden Briten zum Finanzkommissar hatte für einige Kritik gesorgt - also hatte Hill allen Grund, sich vor dem Wirtschaftsausschuss im Parlament nicht nur möglichst kompetent, sondern auch sympathisch zu präsentieren.

Vor seinem Eingangsstatement bedankte sich Hill beim italienischen Ausschuss-Vorsitzenden - auf Italienisch. Weiter ging es in (recht holprigem) Französisch: Juncker habe ihm bei seiner Nominierung gesagt, er spreche die Sprache Shakespeares; er wolle sich nun aber "in der Sprache Molieres" für die Einladung in den Ausschuss bedanken, sagte Hill.

Aus dem Verweis auf Shakespeare und Moliere entwickelte sich im dreistündigen Hearing ein Running Gag, eine Art Club der Toten Dichter.

Eine französische Abgeordnete befragte Hill auf Englisch - und konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen, sie tue dies nicht "als Vergeltung dafür, was sie gerade eben der Sprache Molieres angetan haben".

CSU-Mandatar Markus Ferber verlautete, er stelle seine Frage "in der Sprache Goethes" - und die spanischen Kollegen brachten dann auch noch Cervantes ins Spiel.

So auflockernd das in der dreistündigen Befragung auch war und so ausgesprochen höflich sich Hill auch gab - geholfen hat es nicht viel: Eine positive Empfehlung für ihn seitens des Ausschusses blieb aus, Hill soll kommende Woche noch einmal befragt werden.

Bemerkenswert war bei den Hearings, wie unterschiedlich die Sprachniveaus auch bei gestandenen Kommissaren sind: Während etwa die designierte neue Handelskommissarin Cecilia Malmström die meisten Fragen an sie problemlos auf Englisch beantwortete, taten sich manche ihrer Kollegen damit hörbar schwer.

So schwer, dass manche Zuhörer, statt auf Englisch zuzuhören, die Kopfhörer aufsetzten, um eine übersetzte Version ins Ohr zu bekommen. "Vielleicht", ätzte ein Abgeordneter, "sollte man [Name der Redaktion bekannt] einmal sagen, dass es im EU-Parlament genug Dolmetscher gibt und man hier auch auf [Muttersprache der Redaktion bekannt] reden kann." Schwer zu sagen, wem damit mehr geholfen gewesen wäre: Dem um Worte ringenden, mit der Aussprache kämpfenden Kandidaten - oder seinem Publikum.

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