Palmyra aus dem 3-D-Drucker

Zehn Monate wurde Palmyra, seit 1980 UNESCO-Weltkulturerbe, von IS-Milizen besetzt und zerstört.
Die antike Stätte wurde schwer zerstört – in London wird ein Tempelbogen mit modernster Technik rekonstruiert.

Sie sprengten Tempel in die Luft, zerschlugen Skulpturen, enthaupteten den Chefarchäologen und richteten im Römischen Theater eine Hinrichtungsstätte ein – die antike Oasenstadt Palmyra wurde unter IS-Herrschaft ein Ort der Zerstörung und des Todes. Vor einer Woche eroberten syrische Regierungstruppen die Weltkulturerbe-Stätte und die umliegenden Wohngebiete wieder zurück. Nun wird über den Wiederaufbau der antiken Stadt nachgedacht. Das Ausmaß der Zerstörung sei geringer als befürchtet wurde.

Der deutsche Palmyra-Experte und Altertumsforscher Udo Hartmann erklärt im Spiegel-Interview, dass es möglich ist, Palmyra im Detail wiederherzustellen. Es gäbe genug Pläne, Fotografien und Risszeichnungen. Auch Stuck und Ornamente von Gebäuden und Skulpturen ließen sich mit Sandstein wieder nachbauen. Allerdings bedarf es der Kompetenz aller Palmyra-Forscher, sagt Hartmann. Auch moderne Technologie und 3-D-Drucker könnten dabei helfen.

Triumphbogen aus dem Drucker

Das erste Objekt, das aus einem Drucker kommt: der antike Triumphbogen des Baal-Tempels, erbaut vor zirka 2000 Jahren. Er wurde vor wenigen Monaten vermint und in die Luft gejagt, genauso wie der Tempel selbst. Die Einzelteile der gesprengten Objekte sammelten die Terroristen teilweise ein und verkauften sie am Schwarzmarkt.

Britische Wissenschaftler des Instituts für Digitale Archäologie in Oxford sind nun dabei, den antiken Bogen in Echtgröße wieder aufzubauen – wie ein LEGO-Baustück. Allerdings nicht aus Plastik, sondern aus Kalksteinen, die in Italien bearbeitet wurden. Stück für Stück soll, mithilfe eines der weltweit größten 3-D-Druckers, der Torbogen des Tempels nachgebaut werden.

Palmyra aus dem 3-D-Drucker
The Institute for Digital Archaeology
Für den detailgenauen Aufbau sammelten und analysierten die Forscher Tausende Fotografien, gemeinsam mit Kollegen der US-Universität Harvard, dem Museum der Zukunft in Dubai und mithilfe der UNESCO. Nicht ungefährlich. Seit 2015 werden freiwillige Helfer, Museumsmitarbeiter oder Soldaten mit einfach bedienbaren 3-D-Kameras ausgestattet, um Aufnahmen zu machen. Nicht nur in Palmyra, auch in anderen Konfliktzonen im Nahen Osten, wo Gebäude oder archäologische Stätten bedroht sind. Die Fotos werden, dort wo es kein funktionierendes Internet gibt, per Post verschickt. Die dadurch entstandene "Million Image Database" soll so viele Daten wie möglich erfassen und dokumentieren. Und dient dem Nachbau antiker Monumente.

Mit den Bildern und Daten gelang es den Wissenschaftlern, einen dreidimensionalen Plan der Tempelanlage nachzuzeichnen. Und den Triumphbogen zu rekonstruieren. Die fertige Replik soll am 18. April am Trafalgar Square in London zu sehen sein, ebenso am Times Square in New York.

Symbolischer Akt

Für die Forscher ist der Bogen aus dem Drucker weniger ein Versuchsobjekt als vielmehr ein symbolischer Akt: Roger Michel, Direktor des Instituts für Digitale Archäologie, sieht es als Pflicht, die Monumente zu erhalten. "Sie repäsentieren die Geschichte der Menschheit und stehen für eine reiche und komplexe Vergangenheit, die uns vereint. In ihnen liegt die Geschichte einer Region, in der künstlerische, wissenschaftliche und politische Traditionen geboren wurden."

Bis es in Palmyra zu Wiederaufbauarbeiten kommt, muss das Gebiet entmint werden. Bis zu 4500 Sprengsätze sollen IS-Milizen vergraben haben. Auch die humanitäre Lage muss sich bessern, bevor es zu Renovierungsarbeiten kommt, fordern Experten wie Altertumsforscher Udo Hartmann: "Bevor sich nicht feste staatliche Strukturen in Syrien einstellen und so lange Millionen auf der Flucht sind, ist nicht daran zu denken, alte Tempel auszubessern."

Kommentare