Rätseln um iranische Internet-Blockade

Regime baut laut Bericht iranisches Intranet als Internet-Ersatz auf. Zuständiges Ministerium dementiert heftig.

Die iranische Regierung plant angeblich den Aufbau eines eigenen "sauberen Internets", das im August in Betrieb gehen soll. Laut einem Bericht der International Business Times kündigte der iranische Informations- und Kommunikations-Minister, Reza Taghipour, vor einigen Tagen an, zukünftig den Zugang zu Google, Gmail, Google+, Hotmail und Yahoo verbieten zu wollen. Statt einem direkten Zugang zum Internet sollen iranische Internet-Provider dazu verpflichtet werden, ein nationales Intranet anzubieten. Ausländische Seiten sollen nur dann zugänglich sein, wenn sie auf einer "weißen Liste" der Regierung stehen.

Der Iran dementiert diese Aussagen laut der Nachrichtenagentur AFP heftig. Das Interview mit Minister Taghipour sei gefälscht. Der Bericht der International Business Times diene einzig dem "Propaganda-Flügel des Westens". AFP entnimmt diese Aussage der Webseite des iranischen Kommunikations-Ministeriums, die außerhalb des Landes nicht zugänglich ist.

Vorgehen gegen die "Plagen" des Internets

Laut dem ursprünglichen Bericht soll die erste Phase des Projekts im Mai beginnen. Statt internationalen E-Mail-Diensten und Suchmaschinen sollen die Iraner dann Dienste wie "Iran Mail" oder "Iran Search Engine" benutzen. Für das iranische Mail-Service wird es ein Anmeldeverfahren inklusive Personalausweisnummer, Adresse und vollem Namen geben. Bevor ein E-Mail-Konto freigeschalten wird, werden die Angaben behördlich geprüft.

Bereits im März hatte Taghipour gewettert, das Internet befördere "Kriminalität, Uneinigkeit, ungesunde moralische Inhalte und Atheismus". Ziel der Regierung sei es, diese "Plagen" zu beseitigen. Neben dem Informationsminister sehen auch andere offzielle Vertreter im Internet eine Gefahr. Der Erzfeind USA wird vielfach als die treibende Kraft hinter potentiell regierungskritischen Diensten wie Blogs gesehen.

Angst vor arabischem Frühling und Stuxnet

In der Vergangenheit wurden bereits vielfache Versuche seitens der iranischen Regierung verzeichnet, den Zugang zum Internet vorübergehend zu blockieren. Wie International Business Times feststellt, spielt dabei wohl die Angst vor dem "arabischen Frühling", der Regimewechsel in Ländern wie Ägypten, Tunesien oder Libyen bewirkt hat, eine große Rolle.

Auch der Kampf gegen Spionage-Software wie den Stuxnet-Virus, der iranische Atomanlagen vorübergehend lahmlegte, könnte ein starkes Motiv hinter etwaigen Blockade-Bemühungen des Iran darstellen, merkt Ars Technica an.

Im jüngsten "Feinde des Internet"-Bericht von Reporter ohne Grenzen führt der Iran die Liste der Staaten an, die am aggressivsten gegen das freie Internet vorgehen.

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