Warum uns die null Punkte egal sein können

Schall und Rauch: Der Auftritt der Makemakes wird keine Spuren hinterlassen - und das ist auch gut so.
Der 60. Eurovision Song Contest vorbei: Nichts ist passiert, alles ist in Ordnung.

Jetzt liest man wieder allerseits von der Musiknation Schweden, wo Pop als Wirtschaftszweig und der Song Contest als das begriffen wird, wofür er ursprünglich konzipiert wurde – als Musikwettbewerb.

In diesem Sinne wirkt das Song-Contest-Ergebnis Österreichs natürlich bitter.

Null Punkte! Zum vierten Mal schon! Und dazu noch als erster Gastgeber in 60 Jahren! Da läuft doch etwas Grundsätzliches falsch!

Nein, tut es nicht. Wer das musikalische Selbstbewusstsein Österreichs vom Song Contest abhängig macht, hat weder den Song Contest begriffen, noch die hiesige Musikszene.

Zum ESC: Der Song Contest hat eine Entwicklung durchlaufen, die heuer ihren unbestrittenen Höhepunkt fand. Der Song Contest anno 2015 ist ein Event. Eine Bombast-Show, die dem Unterhaltungsanspruch moderner TV-Ereignisse gerecht wird - die Musik ist zweitranging. Das zeigt nicht zuletzt der Sieg der hochgelobten Musiknation Schweden. Mans Zelmerlöws überzeugendstes Argument war nicht der (passable) Song „Heroes“, sondern die (geniale) Show. Das bieder brennende Klavier der Makemakes war da einfach zu wenig.

Das kann man gut finden, oder schlecht; kritisieren, oder nicht, aber das ist der Song Contest anno 2015.

Zur Musikszene: Als sich die Strahlkraft interessanter heimischer Bands noch auf FM4 beschränkte, hätte so ein Nullpunkter beim ESC wohl deutlichere Spuren hinterlassen. Aber die Musiknation Österreich hat ein Jahr hinter sich, in dem Bilderbuch und Wanda nicht nur für neue Impulse in der heimischen Popwelt sorgten, sondern auch selbstbewusst von praktisch allen Titelseiten der bundesdeutschen Medienwelt lächelten. Und natürlich braucht diese Musikszene den Song Contest nicht. Im Gegenteil. Dass der Song Contest für Österreichs Musikszene komplett irrelevant ist, zeichnet diese aus.

Und als Nachtrag: Dass sich Deutschland auch null Punkte eingefangen hat, ist bitteschön kein Grund zur Häme. Wie die deutschen Medien darauf reagierten vielleicht schon. Im Gegensatz zu Österreich definiert sich diese Musiknation auch über den Erfolg beim ESC. Spiegel Online sah gar den öffentlichen Auftrag der ARD nicht mehr erfüllt. Eine Kritik, die man bei der Carmen Nebel Show noch nie gehört hat. Das tat offenbar deutlich mehr weh.

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