"Hoffmann": Eine Sensation in Neuauflage

Yosep Kang als Hoffmann in der Wiener Staatsoper
Kritik: Wiederaufnahme von "Les Contes d’ Hoffmann" an der Staatsoper mit kleinen klanglichen Abstrichen

Jubel, Ovationen, ja eine Sensation – so war das 1993. Damals nämlich hatte Andrei Serbans geistreiche, fantasievolle und auch psychologisch sehr kluge Inszenierung von Jacques Offenbachs "Les Contes d’ Hoffmann" an der Wiener Staatsoper Premiere.

Ein Ereignis, das auch den Sängern zu verdanken war. Plácido Domingo in der fordernden Titelpartie, Natalie Dessay als Koloratur-Wunder einer Olympia und so weiter – dieser "Hoffmann" war ein Glücksgriff. Und er ist es bis heute. Zumindest in szenischer Hinsicht. Für die Wiederaufnahme der Produktion (Reprisen am 26., 29. Mai sowie am 1. und 4. Juni) hat Regisseur Serban mehr als 20 Jahre und 83 Aufführungen später nochmals selbst Hand angelegt. Das Ergebnis kann sich wieder mehr als sehen lassen.

Und so liebt Hoffmann seine Stella, Olympia, Antonia oder Giulietta, gerät mit seinem ewigen Gegenspieler Lindorf aneinander, ehe ihn die Muse der Dichtung endgültig zum tragisch-erfolgreichen Künstler macht. All das passiert in einem optisch idealen Umfeld.

Hoffmann Nr. 3

Nicht ganz so überragend ist die musikalische Seite, die von Absagen überschattet war. Ursprünglich hätte Tenor Piotr Beczala den Hoffmann singen sollen, doch dieser legte die Partie im Vorfeld zurück. Somit sollte Neil Shicoff, der ab 1994 in dieser Rolle Maßstäbe gesetzt hat, wieder Hoffmann sein. Zumindest die Wiederaufnahme musste jedoch auch Shicoff krankheitsbedingt absagen. Wodurch Yosep Kang zum Einsatz kam.

Und Kang ist keineswegs "nur" die dritte Wahl, sondern ein sehr solider Hoffmann, der etwa das berühmte "Klein-Zack-Lied" souverän meistert, sich aber stimmlich wie auch darstellerisch in anderen Momenten (Giulietta-Akt!) deutlich mehr einbringen könnte.

Die Frauen? Sie sind am Ring wieder an drei Sängerinnen vergeben. So gibt Daniela Fally eine hinreißende, alle Koloraturen virtuos gestaltende Olympia. Marina Rebeka ist eine sehr gute, nicht nur lyrische Antonia; Nadia Krasteva eine tadellose, aufreizende Giulietta.

Als Hofmanns Gegenspieler überzeugt Ildar Abdrazakov mehr durch vokale Macht denn durch Nuancen; in den Diener-Rollen schlägt sich Thomas Ebenstein recht wacker. Und Stephanie Houtzeel könnte eine exzellente Muse sein – in einem kleineren Haus. Sehr phlegmatisch das Dirigat von Marko Letonja, der am Pult des guten Orchesters melodisch mehr herausholen könnte.

KURIER-Wertung:

"Hoffmann": Eine Sensation in Neuauflage
Der koreanische Tenor sprang für Neil Shicoff ein, der seine Paraderolle nun nicht in Wien singen konnte.

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