"Gogol" als packende Schlachtplatte

"Gogol" als packende Schlachtplatte
Mit Lera Auerbachs "Gogol" feiert das Theater an der Wien musikalisch und auch szenisch einen verdienten Erfolg.

Groß, größer, Gogol - auf diesen Nenner lässt sich die Uraufführung von Lera Auerbachs dreiaktiger Oper "Gogol" im Theater an der Wien bringen. Ganz getreu dem Motto: Klotzen, nicht kleckern. Denn hier ist alles üppig, süffig, ausladend und höchst breitenwirksam angelegt - Minimalisten-Fans könnten leiden. Das gilt sowohl für die Musik als auch für die Inszenierung. Aber der Reihe nach: Die russisch-amerikanische Komponistin Lera Auerbach (auch Text) hat keine lineare Biografie des Autors Nikolai Gogol auf die Bühne gebracht. Auerbach konzentriert sich vielmehr auf die innere Zerrissenheit des Schriftstellers, auf seine ihn peinigenden Dämonen.

Sie zeigt den religiösen Eiferer, für den eine Frau nur Hure oder Heilige sein kann. Sie porträtiert den ewig Rastlosen, den stets am Rande des Wahnsinns Wandelnden, der von den vom ihm geschaffenen Figuren verfolgt wird. Und Auerbach wühlt tief in der russischen Seele, scheut das eine oder andere Klischee nicht, macht das aber alles sehr zwingend.

Opulent

Auch musikalisch geht es hoch her. Auerbach verleugnet erst gar nicht die russische Tradition. Im Gegenteil: Sie spielt mit ihr. Das groß besetzte Orchester (toll das ORF Radio-Symphonieorchester Wien und Dirigent Vladimir Fedoseyev) darf in post-romantischen Klangfarben schwelgen. Da flirren die Streicher, da toben sich die Bläser aus, da hämmert das Schlagwerk. Man wartet förmlich darauf, dass Boris Godunow um die Ecke biegt, dass sich Anna Karenina vor einen Zug wirft, dass Mütterchen Russland einem ihr unglückliches Herz ausschüttet. Nur manchmal wäre bei diesem Klangrausch weniger viel mehr.

Grotesk

Regisseurin Christine Mielitz findet dazu in Johannes Leiackers tollem, weil Raum-suggerierendem Bühnenbild die kongeniale Erzählweise. Perfekt arrangiert sie die riesigen Chorszenen (exzellent der Arnold Schoenberg Chor, die
Grazer Kapellknaben und der Mozart Knabenchor Wien) und setzt Tänzer (toll die Choreografie von Arila Siegert) sowie Artisten ein. Packender und bunter (Kostüme: Kaspar Glarner), zugleich strenger lässt sich Gogols inneres Inferno nicht illustrieren.

Gesungen wird (in russischer Sprache) meist gut. Otto Katzameier und Martin Winkler teilen sich die Partie des Gogol; hier hat man nach der krankheitsbedingten Absage von Bo Skovhus aus der Not eine echte Tugend gemacht. Denn Gogols Schizophrenie wird so noch deutlicher. Als Kind "Nikolka" Gogol brilliert Sebastian Schaffer (Grazer Kapellknaben) vokal wie darstellerisch; als Teufel ist der Tenor Ladislav Elgr ein Ereignis. Falko Hönisch, Stella Grigorian und die von der Regie fabelhaft als Sexbombe in Szene gesetzte Natalia Ushakova führen das starke Ensemble an.

KURIER: ****
von *****

Fazit: Die Oper als ganz großes Kino

Werk Lera Auerbach hat aus ihrem Theaterstück "Gogol" eine Oper gemacht; die Uraufführung im Theater an der Wien wurde einhellig bejubelt. Die Musik ist hörbar und süffig, manchmal aber fast zu süffig.

Regie Christine Mielitz bietet neben einer tollen Personenführung ein großartiges, stringentes Spektakel für die Augen.

Gesang und Dirigat Gut.

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