Ein betörendes Kaleidoskop der Träume und Albträume

Vandekeybus’ Klassiker „In Spite of Wishing and Wanting“
"In Spite of Wishing and Wanting" von Wim Vandekeybus ist bei ImPulsTanz ein sinnliches Ereignis.

Nachts, im Schlaf, ist alles möglich. Tagesreste werden verarbeitet, Wünsche, Sehnsüchte, Begierden und Ängste bahnen sich im Traum ihren Weg. Das Unbewusste, ja das Surreale gibt den Ton an. Die Gesetzte der Logik sind außer Kraft gesetzt. Ebenso wie jene der Schwerkraft.

Das ist die Grundidee von "In Spite of Wishing and Wanting" – einem Klassiker des zeitgenössischen Tanzes, den Choreograf Wim Vandekeybus mit seiner Compagnie Ultima Vez erstmals im Jahr 1999 präsentierte, der 2016 im Rahmen einer Welttournee ein furioses, extrem kraftvolles Revival erfährt.

Nachtstück

Auch beim Festival ImPulsTanz, wo Vandekeybus im Wiener Volkstheater (Reprise heute, Montag) selbst auf der Bühne zu erleben ist. Es ist ein reines Männerstück, ein energiegeladenes, sinnliches Nachtstück im besten Sinne, das mit dem Unterbewussten spielt, ohne in psychoanalytischen Kitsch abzugleiten. Denn Vandekeybus entwirft grandiose Bilder, die sich zu den suggestiven, teils zarten, teils aufpeitschenden Klängen von Talking-Heads-Mastermind David Byrne ins Gedächtnis brennen.

Kraftstück

Die famosen Tänzer von Ultima Vez fliegen und flüstern, schreien und stöhnen, turnen quer durch das Volkstheater, sind auch Schauspieler, stellen mit einer unglaublichen Körperlichkeit ihre jeweiligen "Charaktere" dar. Es wird gekämpft und gesprungen, gejagt und geredet. Szenen der Stille, der Ruhe wechseln einander ab mit Sequenzen rasanter Bewegtheit.

Dazu gibt es zwei Filme, die auf Kurzgeschichten von Julio Cortázar basieren, in denen Regisseur Vandekybus einen mystischen "Schrei-Verkäufer" Worte feilbieten lässt. Diese führen nicht nur zu (vorgetäuschten) Orgasmen, sondern auch zum Tod eines Tyrannen. Das ist – wie auch die realen Tanzszenen – unfassbar komisch, herrlich surreal, explosiv-schräg.

Was "In Spite of Wishing and Wanting" aber zu einem (magischen) Gesamtkunstwerk ausmacht, ist die perfekte Synthese aller Stilmittel, die diese (Alb-)Traumwelt prägt. "Ich schlafe nie", sagt einer der Tänzer, um Träume zu vermeiden. Falsch. Genau auf diese sollte man sich als Publikum einlassen.

Kommentare