Stadtschulrat: Amtierender Vize macht Krauss Weg frei

Maximilian Krauss (FPÖ) nannte Häupl „Türken–Bürgermeister“.
Helmuth Günther will zurücktreten, Bürgermeister Häupl verweigerte bislang Abberufung.

Am Dienstag möchte der amtierende Vizepräsident des Wiener Stadtschulrats Helmuth Günther (FPÖ) im Rathaus sein Rücktrittsschreiben einreichen. Damit will Günther seinem Parteikollegen Maximilian Krauss den Weg freimachen. Wie berichtet, möchte der 21-jährige Krauss als neuer Vizepräsident den Stadtschulrat "durchlüften". Mit Aussagen wie der Bezeichnung des Wiener Landeshauptmanns als "Türken-Bürgermeister" oder dem Wunsch, Türken mit doppelter Staatsbürgerschaft "heimschicken" zu wollen, hatte Krauss in der vergangenen Zeit für Aufruhr gesorgt.

Bürgermeister und Chef des Stadtschulrats, Michael Häupl (SPÖ), weigerte sich daher bis dato, Günther abzuberufen und Krauss zum neuen Vize zu machen. Dem will Günther nun mit einem formellen Schreiben entgegenwirken. Günther: "Damit fühle ich mich enthoben."

Dass man so ein Amt de facto nicht zurücklegen kann, ändert nichts an Günthers Vorhaben, schließlich könne man einen Menschen ja nicht "an eine Funktion fesseln". Die Wiener FPÖ geht davon aus, dass der Bürgermeister den Rücktritt anerkennen werde. "Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Krauss der neue Vizepräsident wird", heißt es dazu aus dem Rathaus. Denn die FPÖ hat in dieser Causa lediglich ein Vorschlagsrecht – der Nominierte muss vom Bürgermeister jedoch nicht angenommen werden.

Neue Vorschläge gibt es jedoch noch nicht: Die Wiener FPÖ glaubt weiterhin daran, dass Krauss Chancen auf das Amt hat.

Am Freitag kündigte Wiens Bürgermeister Michael Häupl an, FPÖ-Jungpolitiker Maximilian Krauss vorerst nicht zum Vize-Präsidenten im Wiener Stadtschulrat zu machen (siehe Bericht unten). "Ich bin nicht der Kellner, der die Bestellungen von der FPÖ aufnimmt", sagte Häupl vor Journalisten. Im KURIER-Interview nimmt der 21-jährige Krauss Stellung. Außerdem kündigt er an, sich nicht dafür zu entschuldigen, dass er Häupl im vergangenen Jahr als "Türken-Bürgermeister" bezeichnet hat.

KURIER: Herr Krauss, Bürgermeister Michael Häupl sieht vorerst von Ihrer Bestellung als Vize-Stadtschulratspräsident ab. Enttäuscht Sie das?

Maximilian Krauss: Häupl hat darauf hingewiesen, dass bei unserer Bestellung ein formaler Fehler vorliegt. Den werden wir am Montag korrigieren. Ich freue mich jedenfalls bereits auf ein persönliches Gespräch mit ihm. Ich hoffe, dass wir da auch gleich über bildungspolitische Themen sprechen können. Es ist Zeit, dass er die ideologischen Scheuklappen in diesem Bereich ablegt.

Noch im Vorjahr haben Sie Häupl als "Türken-Bürgermeister" bezeichnet. Werden Sie sich dafür bei dem Treffen entschuldigen?

Ich habe diese Formulierung von unserem Parteiobmann Strache übernommen. In einem Wahlkampf fallen solche überspitzten Aussagen. Sie sind durchaus zulässig. Vor allem, wenn am 1. Mai beim SPÖ-Aufmarsch vor dem Rathaus bereits Dutzende türkische Fahnen zu sehen sind. Da bekommt man schon den Eindruck, auf einer Türken-Demo und nicht auf einem Mai-Aufmarsch zu sein. Eine Entschuldigung halte ich daher nicht für notwendig.

Apropos Türken: Würden Sie auch in Ihrem neuen Amt an Ihrer Forderung festhalten, dass Zuwanderer mit türkischem Blut zurück in ihre Heimat geschickt werden sollen?

Hintergrund dieser Aussendung war eine Aussage einer Frau im ORF-Report im Zusammenhang mit den Erdogan-Demos in Wien. Sie meinte, dass sie zwar einen österreichischen Pass, aber türkisches Blut habe. Darauf habe ich Bezug genommen.

Gibt es also für Sie etwas wie türkisches Blut?

Nein. Aber ich würde mir vom Außenminister und von der Innenministerin schon Folgendes erwarten: Dass sie den Türken, die erst die österreichische und dann dazu wieder die türkische Staatsbürgerschaft erwerben, die unsrige aberkennen und sie wieder nach Hause schicken. Dass sie hier Leistungen kassieren, sich gleichzeitig nicht integrieren und einen autoritären Premier unterstützen, das möchte ich nicht.

Was könnten Sie mit den eingeschränkten Kompetenzen des Amtes im Bildungsbereich überhaupt umsetzen?

Ich möchte mein Büro zu einer Servicestelle umbauen. Ich will mit meinem Gehalt auch Projekte von Klassen prämieren. Etwa freiwillige Nachhilfe für Schüler mit sprachlichen Defiziten, die dem Unterricht nicht folgen können. Das könnte man fördern, weil es die Integration fördern würde.

Als angehender Jurist: Finden Sie das Urteil gegen den Akademikerball-Demonstranten Josef S. für gerechtfertigt?

Ich finde es mehr als richtig, dass man als Teil einer brandschatzenden Gruppe, die die Innenstadt verwüstet, nicht davonkommen kann. Ich bin froh, dass sich die Justiz nicht durch den öffentlichen Druck hat erpressen lassen. Er ist ähnlich wie der, der sich gegen mich richtet.

Bürgermeister Michael Häupl wird in den Internetforen bejubelt. Endlich besinne sich die SPÖ wieder ihrer Werte, schreibt ein Poster.

Grund: Häupl wird den 21-jährigen FPÖ-Politiker Maximilian Krauss vorerst nicht zum Vizepräsidenten im Wiener Stadtschulrat bestellen. "Ich bin nicht der Kellner, der die Bestellungen von der FPÖ aufnimmt", sagte Häupl am Freitag. Allein die Vorgangsweise der FPÖ rund um die Besetzung des Stadtschulrats-Vizepräsidenten sei eine "Provokation" gewesen.

Laut einem Gutachten sei sie formell unzulässig: "Ein Wechsel des Stadtschulrats-Vizepräsidenten, so wie sich ihn die FPÖ vorstellt, ist nicht möglich. Es geht nicht, dass man mit einem Drei-Zeiler mitteilt, dass der Vizepräsident zurücktritt, denn das kann er gar nicht." Vielmehr benötige es eine Enthebung durch den Bürgermeister. "Es gibt einen Vizepräsidenten im Stadtschulrat (Helmut Günther, Anm.) und ich habe nicht vor ihn abzuberufen", sagte Häupl.

Auch seien die bisherigen Äußerungen von Maximilian Krauss "keine Empfehlung" für die Funktion des Vizepräsidenten.

Krauss hatte Häupl vor einem Jahr in einem Blogeintrag als "Türkenbürgermeister" bezeichnet, der seine Befehle aus Ankara bekomme. Nach seinem Urlaub werde Häupl Krauss zum Gespräch bitten: "Wenn das Bild stimmt, das von ihm in der Öffentlichkeit gezeichnet wird, werde ich ihn nicht bestellen."

Streichelweich

Zuvor versuchte Krauss auf einer Pressekonferenz sein Profil zurechtzurücken. Betont ruhig, sachlich und freundlich beantwortete er Fragen der Journalisten. Gleichzeitig verteidigte Krauss umstrittene Forderungen, etwa eigene Ausländerklassen. "Es geht darum, Klassen zu schaffen, in denen Kinder, die kein Deutsch verstehen, an den Regelunterricht herangeführt werden", sagte Krauss. Der 21-jährige FPÖ-Politiker sieht sich dabei von einer Expertenkommission im Außenministerium bestätigt, die am Donnerstag die gleiche Empfehlung abgab. Weiters will Krauss verpflichtete Deutschtests vor dem Schuleintritt. Vorbild sei Finnland, wo die Landessprache vor Schuleintritt abgefragt wird.

In Richtung des Bürgermeisters sagte Krauss, Häupl solle nicht die Zeit verschwenden, die FPÖ auszugrenzen. Bis jetzt habe er zwar noch keine Einladung zu einem Gespräch mit Häupl bekommen, aber er freue sich darauf.

Unterstützung bekam Krauss von FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache. Es sei das demokratische Recht der FPÖ, den Posten zu stellen, sagte Strache. Das sehe auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer so. Die Ablehnung des Jungpolitikers habe ganz andere Gründe, stichelt der FPÖ-Chef: "Häupl hat Angst vor einem 21-Jährigen." Dieser kontert trocken: "Angst hab ich sicher keine."

Die FPÖ hebt mit Maximilian Krauss einen 21-jährigen Jus-Studenten in das Amt des stellvertretenden Stadtschulratspräsidenten Wiens. Man wolle damit ein Zeichen der Erneuerung setzen, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Krauss folgt Helmut Günther nach, der in den Wiener Landtag geht und dort die nunmehrige EU-Mandatarin Barbara Kappel ersetzt.

Krauss ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft Aldania. Im Wahlkampf machte er durch die Forderung auf sich aufmerksam, Kinderschänder "medikamentös behandeln" zu wollen. Auch überlegte er gegenüber dem Standard eigene "Ausländerklassen" einzuführen, wenn der Migrantenanteil in Schulen zu groß wäre.

Nachwuchshoffnung

Für Strache ist die Ernennung von Krauss ein Zeichen dafür, dass man den Stadtschulrat "durchlüften" wolle und dass "wirklich Schülerinteressen durchgesetzt" werden. Der Student werde kommende Woche seine Antrittspressekonferenz geben, kündigte der FPÖ-Chef an. Krauss ist auch als "jüngster Bezirksobmann der FPÖ-Wien" in der Josefstadt tätig und hatte bei der vergangenen Nationalratswahl für die FPÖ kandidiert. Er gilt als Nachwuchshoffnung der Partei.

Grüne gegen Krauss' Nominierung

Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Der grüne Bildungssprecher Harald Walser hat eine sofortige Rücknahme der Nominierung gefordert. Die Forderungen des 21 Jahre alten Jus-Studenten nach Separierung aller nicht-deutschsprachiger Schulkinder oder sein Wunsch, "Ausländer mit türkischem Blut" heimzuschicken, sei in dieser Position untragbar, meinte Walser am Dienstag.

"Ich fasse es nicht, dass nun ein schlagender Burschenschafter mit politischen Ansichten, die wohl vor 70 Jahren gesellschaftskonform gewesen wären, ausgerechnet zum stellvertretenden Stadtschulratspräsidenten Wiens nominiert wurde", so der grüne Mandatar in einer Aussendung.

Von "purem Hohn und einer Verunglimpfung des Amtes", spricht auch die SPÖ-Gemeinderätin Tanja Wehsely. Doch leider sei die Nominierung zähneknirschend hinzunehmen.

Wenig Gestaltungsspielraum

Großen Gestaltungsspielraum wird der Jus-Student in seinem neuen Amt jedoch nicht haben: "Der stv. Stadtschulratspräsident hat vor allem eine kontrollierende Funktion", heißt es im Stadtschulrat. Dabei gehe es etwa um das Recht auf Akteneinsicht.

Nach der Aufregung um die Nominierung von FPÖ-Nachwuchspolitiker Maximilian Krauss zum Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrats prüft nun der Verfassungsdienst der Magistratsdirektion die Rechtslage. Konkret geht es darum, ob Bürgermeister Michael Häupl die Bestellung von Krauss theoretisch verhindern könnte. Die Prüfung sei derzeit im Gange: "Die Antwort ergeht dann an den Bürgermeister." Häupl ist formell für die Berufung der Stadtschulpräsidenten zuständig.

Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, hat Michael Häupl am Freitag erneut aufgefordert, die Bestellung zu verhindern. Der 21-jährige Jus-Student und Burschenschafter habe in der Vergangenheit mehrmals polarisierende Aussagen getätigt, kritisiert Pollak in einer Aussendung. So hat Krauss die Forderung, Kinderschänder zu kastrieren, nicht nur gegenüber dem Standard geäußert, sondern auch in einem Blogeintrag auf der Website des Ring Freiheitlicher Jugend.

Häupl sei "Türken-Bürgermeister"

Außerdem schreibt der Jungpolitiker in einem Eintrag von Juni 2013, dass er Zuwanderer mit "türkischem Blut" in ihre Heimat zurückschicken möchte. Michael Häupl wird von Krauss als "Türken-Bürgermeister" bezeichnet, Sebastian Kurz bekam die Bezeichnung "ÖVP-Moslem-Staatssekretär" verpasst. Auch in Sachen Bildungspolitik vertrat er immer wieder polarisierende Standpunkte: So forderte er an Schulen nicht nur die "Pausensprache Deutsch", sondern im Standard-Interview auch "Ausländerklassen": "Das sind solche Klassen, in denen nur Leute mit Migrationshintergrund drinnen sind, die nicht ausreichend Deutsch können, um dem Unterricht zu folgen."

Der Bürgermeister äußerte sich bereits im Vorfeld zu der Causa: Er möchte demnächst ein "ergebnisoffenes" Gespräch mit der FPÖ führen, hieß es aus dem Büro des Bürgermeisters. "Befremdlich" finde Häupl vor allem auch die Art und Weise, wie die Nominierung über die Medien mitgeteilt worden sei. Auch darüber wolle er sich mit den Entscheidungsträgern in der FPÖ unterhalten.

"Will Gegner überzeugen"

Die FPÖ will von einer Rücknahme der Bestellung nichts wissen. Den Aufschrei kommentierte der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl am Mittwoch so: "Die reflexartigen Beißattacken der vereinten linken Jagdgesellschaft gegen den von der FPÖ vorgestellten Vizepräsidenten, sind an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten." Er sei überzeugt, dass der 21-Jährige einen guten Job machen werde.

Krauss selbst wollte nichts zu der Causa sagen. Er verwies gegenüber dem KURIER auf seine Pressekonferenz am Freitag, in der er seine "Gegner überzeugen" wolle.

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