Senol Akkilic meldet sich wieder zu Wort

Senol Akkilic gemeinsam mit Tanja Wehsely.
Der Ex-Grüne erklärt in einem offenen Brief seine Beweggründe für den Wechsel zu Rot.

Nach Wochen auf Tauchstation meldet sich Senol Akkilic wieder zu Wort. In einem offenen Brief legt der Ex-Grüne noch einmal seine Beweggründe für den Wechsel zu Rot offen. "Als sich abzeichnete, welchen Weg die Wahlrechtsdebatte noch nehmen würde, war ich beunruhigt. Und ich war damit nicht alleine", schreibt Akkilic. Daher habe er sich zum Wechsel entschlossen. "Ich denke, die Verantwortlichen bei den Grünen müssen sich selbst überlegen, was ihr Anteil am jetzigen Zustand der rot-grünen Koalition ist – die ja glücklicherweise weiter besteht", stichelt Akkilic.

Am Landesparteitag der Wiener SPÖ am Samstag in der Wiener Messe wird der Integrationsexperte aber nicht teilnehmen. Offiziell wegen bereits fixer Termine, die lange fest stünden heißt es aus der SPÖ. Dass auch der rot-grüne Konflikt nicht wieder aufflammen soll, wird zumindest nicht dementiert.

"Uns geht es darum, im Wahljahr unsere Positionen darzulegen", sagt Landesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Die Genossen sollen auf den harten Wahlkampf im Herbst einschworen werden. Für Parteivorsitzenden und Bürgermeister Michael Häupl und seine engsten Mitstreiter wie Finanzstadträtin Renate Brauner oder Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely geht es auch um ein gutes Ergebnis bei der Wahl der Wiener Gremien. Vor zwei Jahren, erhielt Häupl 92,7 Prozent von 899 gültigen Delegiertenstimmen. Ein Ergebnis, das Häupl zumindest halten will.

Die Stimmung in der SPÖ ist nach dem Akkilic-Coup jedenfalls gut – auch wenn nicht alle Roten mit Akkilic grün sind. Vor allem der grün-kritischen Teil der Partei, der zuletzt ordentlich gemurrt hatte, spürt Aufwind. "Endlich haben wir den Grünen gezeigt, wo der Hammer hängt", sagt ein ranghoher Sozialdemokrat. Dazu kommt: Mit der Wahlrechtsreform hätte man auf einen Schlag vier Mandate verloren. Wenn Akkilic auf einem sicheren Listenplatz bei der Wahl antritt, bleiben noch immer drei gerettete Mandate über. "Das ist eine einfache Rechenaufgabe", sagt Niedermühlbichler.

Für die Parteibasis ist es auch jener Tag, an dem sie ihre Anliegen und Überzeugungen unterbringen können. Dass das mitunter auch gegen die Parteispitze funktioniert, bewies die Sektion Acht, die vor fünf Jahren einen Antrag gegen das kleine Glücksspiel einbrachte. Mittlerweile ist es Geschichte.

Ich wende mich in dieser Form an die Öffentlichkeit, weil es mir ein großes Anliegen ist - und ich denke auch von mir erwartet wird, dass ich aus meiner Warte auf die Geschehnisse der letzten Wochen eingehe. Ich möchte meine Sicht der Dinge ohne Filter und höchstpersönlich weitergeben - an alle Freundinnen und Freunde, Mitstreiterinnen und Mitstreiter, Menschen die mir Mut zugesprochen, die mir gratuliert haben und auch an alle Kritikerinnen und Kritiker.

Ich habe in den letzten 5 Jahren mit rot-grün vieles für die Wienerinnen und Wiener bewegen dürfen und bewegen können. Meinen lebensbegleitenden Themen konnte ich mich als Gemeinderat und Landtagsabgeordneter der Stadt Wien in dieser rot-grünen Koalition widmen. Mein Einsatz für Inklusion, Zusammenleben, Menschenrechte, Jugendarbeit und Flüchtlingsrechte begann lange vor meinem parteipolitischen Engagement - wie gesagt, es sind lebensbegleitende Herzensanliegen.

Ich kann mit Fug und Recht behaupten fleißig und engagiert gearbeitet zu haben, was auch belegbar ist. Leider wurde meine Arbeit nicht ausreichend wahrgenommen und ich wurde auf der Grünen Landesversammlung am 14. Februar 2015 nicht mehr gewählt. Die Grünen haben sich aber von mir als Abgeordnetem verabschiedet, ich habe dies zur Kenntnis genommen.

Als sich aber abzeichnete, welchen Weg die Wahlrechtsdebatte noch nehmen würde, war ich beunruhigt. Und ich war damit nicht alleine.

Was hat sich abgezeichnet?

Ich hatte nicht mehr die Hoffnung, dass die Grünen auf einen Kompromiss eingehen werden und daher mit der Unterstützung der ÖVP und der Freiheitlichen gegen den Koalitionspartner, die SPÖ stimmen wollen! Die Geschäftsordnung sollte ohne Konsens beschlossen werden. Das war der Punkt an dem ich wusste, dass ich das nicht mittragen werde.

Ich habe daher nachgedacht, einen Ausweg gesucht und ihn darin gefunden die Grünen zu verlassen und mit der SPÖ zu stimmen.
Ich denke, die Verantwortlichen bei den Grünen müssen sich selbst überlegen was ihr Anteil am jetzigen Zustand der rot-grünen Koalition ist – die ja glücklicherweise weiter besteht.

Ich bin Politiker in einer rot-grünen Koalition, war lange Zeit an der Basis tätig, schätze das Ehrenamt und die Hilfe für Menschen. Ich habe die Zusammenarbeit mit der SPÖ und ihre Unterstützung der letzten Jahre sehr geschätzt und mich mit durchaus lebhaften Diskussionen in der rot-grünen Zusammenarbeit gut einbringen können. Ich möchte gerne die Chance auf eine Weiterarbeit wahrnehmen und habe das aus freien Stücken getan. Natürlich hat es mich sehr gefreut, dass die Aufnahme im roten Team für Wien möglich ist.

Ich hatte als Gemeinderat und Landtagsabgeordneter der Grünen verschiedene Funktionen inne. Diese Funktionen habe ich in den vergangenen Tagen zurückgelegt, so bin ich beispielsweise auch aus den Vereinsvorständen der Wiener Jugendarbeit zurückgetreten. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Vorstandsmitgliedern dieser Vereine für die spannende und gute Zusammenarbeit.

Ich möchte weiterhin den derzeit laufenden Prozess Wiens zur Menschenrechtsstadt begleiten, das Zusammenleben der Wienerinnen und Wiener durch positive Maßnahmen unterstützen - wie etwa Antirassismus und Antidiskriminierung, Interkulturalität fördern, demokratische Werte vermitteln. Besonders wichtig sind mir das „Wiener Netzwerk für Deradikalisierung und Prävention“, Mehrsprachigkeit, Anonymisiertes Bewerbungsverfahren und die Aufarbeitung der Geschichte Wiens in Zusammenhang mit Migration, um nur einige zu nennen.

Als engagierter Integrations- und Menschenrechts-Politiker, als Wiener und Österreicher kurdischer Herkunft möchte ich Wien mit der SPÖ weiterhin gestalten.

Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit sind die Prinzipien auf deren Grundlage ich meine bisherige und zukünftige Arbeit leiste.

Senol Akkilic

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