Junge Kaufleute sagen Ja zur Fußgängerzone

Junge Kaufleute sagen Ja zur Fußgängerzone
Unternehmer erzählen, weshalb sie ihr Lokal auf oder nahe der Einkaufstraße eröffneten

Ob Geschirr-Verkäufer Slama, Bekleidungsgeschäft Johann Strauss oder Bar Italia – in letzter Zeit war in Bezug auf die Mariahilfer Straße vor allem von Geschäftsschließungen die Rede. Dabei sind im Laufe der vergangenen Monate auf und nahe der Mariahilfer Straße einige neue Geschäfte entstanden. Trotz der starken Kritik am Projekt wählen einige Menschen bewusst diesen Standort.

Junge Kaufleute sagen Ja zur Fußgängerzone

Lokalbesitzer Moritz Baier und Daniel Botros freuen sich über die Fußgängerzone. Die beiden Geschäftspartner eröffneten in den letzten zwei Jahren gleich zwei Lokale in diesem Grätzel. Im Sommer 2012 das „Liebling“ in der Zollergasse, ein Jahr darauf folgte das „Schadekgasse 12“ an gleichnamiger Adresse.

Der Grund für die Lage: „Die Gegend rund um die Mariahilfer Straße zählt zu den fruchtbarsten Grätzeln“, sagt Botros. Die Lokale mit den abgenutzten, gemütlichen Möbeln und der selbstgezimmerten Theke scheinen bei den Kunden jedenfalls anzukommen. Bei der Lokaleröffnung in der Schadekgasse war die Menschentraube so groß, dass der 13A nicht mehr durchkam.

Der Wunsch der Gastronomen fürs Liebling: Auch die Zollergasse zu einer Fußgängerzone zu machen.

Raimundhof

Ein Stück stadteinwärts, im Raimundhof, haben ebenfalls zwei neue Geschäfte aufgesperrt. In „Sir Harly’s Tea“ kann man 150 verschiedene Teesorten erwerben. Bei der Suche nach einem passenden Geschäftslokal hat sich Viola Kim bewusst für diese Gegend entschieden. „Sie gehört einfach zu den bestbesuchten Einkaufsstraßen“, sagt Kim. Genau vis-à-vis, im „PleaseCheese“, werden verschiedenste Käseprodukte feilgeboten. Auch für Alma Sonnleitner war von Anfang an klar, nahe der Mariahilfer Straße zu bleiben.

Junge Kaufleute sagen Ja zur Fußgängerzone
Mimi Hofmann eröffnete mit Freundin Angelika Harrer vergangenen November in der Otto-Bauer-Gasse 9 das „Répertoire“. Unter dem Motto „schräge schöne Sachen“ verkauft sie hier originelle Geschenkartikel. Hofmann erläutert: „Die Menschen parken ihre Autos nun weiter weg, spazieren die Otto-Bauer-Gasse hinauf – und bleiben im Réper­toire hängen.“

Doch nicht nur neue Kaufleute, auch Besitzer bereits etablierter Lokale sprechen sich für eine Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße aus. Gastronom Bernd Schlacher, Besitzer vom Motto und der Halle im MuseumsQuartier, startet am Freitag die Homepage ja-zur-neuen-mahue.at – ein Forum, in dem man sich über das Projekt austauschen kann. Denn: „Die Leute sollen nicht immer so viel jammern.“ Anfangs hätte es für das MuseumsQuartier auch nur Kritik gegeben. Jetzt sei es ein Vorzeigeprojekt.

Links:

PleaseCheese

Sir Harly's Tea

Liebling

Répertoire

Schadekgasse 12

Donnerstag, 9 Uhr Früh, in einem Lokal in der Neubaugasse. Etwa 40 Menschen sind gekommen, um mit der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou über die Mariahilfer Straße zu diskutieren. Das Motto „Reden. Fragen. Rauslassen“ nehmen sie wörtlich – vor allem das „Rauslassen“.

Kaum hat Vassilakou das Lokal betreten, bildet sich eine Traube um die Grüne. Eigentlich waren Einzelgespräche mit den Bürgern an mehreren Tischen geplant, doch nun redet ein halbes Dutzend Menschen auf Vassilakou ein. „Warum wollen Sie die Autos verbannen, in einer Stadt braucht es Verkehr“, presst ein älterer Herr hervor. Ein Geschäftsmann in der Stumpergasse beklagt die neuen Einbahnregelungen und Sackgassen im 6. Bezirk: „Ich muss kilometerweite Umwege machen. Die Kunden bleiben aus.“ Und auch die Radfahrer in der Fußgängerzone stoßen sauer auf. Vassilakou hört zu, versucht zu erwidern, zu Beginn ist das noch zwecklos. Immer wieder mischt sich ein neuer Bürger in die Diskussion ein.

Sieben Mal wird sich Vassilakou in den nächsten Wochen vor der Umfrage den Bürgern stellen, um sie von der Verkehrsberuhigung zu überzeugen. Bei manchen gelingt es. Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hat, wird es sachlicher. Ob es denn auch Haltemöglichkeiten für Anrainer geben werde, will etwa Bewohnerin der Mariahilfer Straße wissen. „Ja, wird es geben“, beruhigt Vassilakou. Bei den Querungen wiederum verweist sie auf die Bezirksvorsteher: „Die sind dafür zuständig.“

Zum Schluss werden Hände geschüttelt. „Insgesamt war es ein erfolgreicher Vormittag“, sagt Vassilakou.

Ab 17. Februar werden die ersten Fragebögen verschickt. Zweieinhalb Wochen haben die Bürger dann Zeit, zu entscheiden – ob das Projekt Mariahilfer Straße fortgesetzt wird oder nicht. Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer darf an der Bürgerbefragung teilnehmen?
Alle Bewohner des sechsten und siebenten Bezirks, die bis zum 7. März das 16. Lebensjahr vollendet haben. Dazu zählen auch knapp 7000 EU-Bürger. Geschäftsleute, die nicht im Bezirk hauptgemeldet sind, dürfen dagegen nicht mitstimmen.

Wann beginnt die Bürgerbefragung?
Die Fragebögen werden, aufgeteilt auf mehrere Tranchen, zwischen 17. und 21. Februar an die Teilnahmeberechtigten verschickt. Schon ab 27. Jänner werden die ersten Infofolder an die Haushalte geschickt, die den Ablauf der Umfrage erklären sollen.

Wie lange können sich die Bürger mit ihrer Antwort Zeit lassen?
Die Fragebögen müssen bis spätestens 7. März, 10 Uhr retourniert werden. Wer ganz sichergehen will, kann seine Karte auch persönlich in den Amtshäusern im sechsten und siebenten Bezirk abgeben.

Gibt es weitere Möglichkeiten, den Fragebogen abzugeben?
Ja. Im gesamten Befragungszeitraum werden an zehn frequentierten Stellen der Bezirke Mariahilf und Neubau Infotürme mit Postkästen für die Abgabe der Fragebögen aufgebaut.

Wie viel gibt die Stadt für die Befragung aus?
Die Befragung wird aus formalen Gründen von den Bezirken betrieben, ausgeführt wird sie vom Presse- und Informationsdienst der Stadt (MA 53). Jeder Bezirk hat dafür ein Budget von 283.000 Euro beschlossen, insgesamt sind das 566.000 Euro.

Warum ist die Befragung zur Mariahilfer Straße um so vieles teurer als die Pickerlfrage in den VP-Bezirken?
Neben der Abwicklung informiert die Stadt auch mit Inseraten über die Vorgangsweise der Bürgerbefragung.

Junge Kaufleute sagen Ja zur Fußgängerzone
Datum, Teilnahmeberechtigte, Fragen Grafik 1459-13-Umfrage.ai, Format 42 x 100 mm

Wie viel gibt die Stadt also insgesamt aus?
Zu den 566.000 Euro für die Durchführung der Befragung kommen weitere 850.000 Euro, die das Büro der Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) für eine breite Werbekampagne einsetzt. Dabei sollen den Bürgern die Vorzüge einer Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße präsentiert werden. Insgesamt werden also mehr als 1,4 Millionen Euro in die Umfrage investiert. Zum Vergleich: Die Volksbefragung im Frühjahr 2013 hat die Stadt 7 Millionen Euro gekostet, 4,4 Millionen davon entfielen auf die Infokampagne. Allerdings konnten damals die Bürger aller 23 Bezirke abstimmen.

Ist das Ergebnis der Befragung bindend?
Rein rechtlich ist das nicht der Fall. Rot und Grün versichern allerdings mehrfach, das Ergebnis der Befragung umzusetzen. Dies war auch bei der Wien-weiten Volksbefragung 2013 der Fall.

Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Stimmen die Bürger gegen eine Verkehrsberuhigung, werden die bisherigen Maßnahmen wieder rückgängig gemacht.

Bei einem Ja zur Mariahilfer Straße neu starten im April 2014 die Bauarbeiten zur Umgestaltung. Sie umfassen unter anderem eine Pflasterung der gesamten Verkehrsfläche zwischen Kaiserstraße und Museumsplatz. Auch neue Beleuchtungsanlagen, Sitz- und Spielmöglichkeiten sollen installiert werden. Der Umbau soll in zwei Etappen zu jeweils sieben Monaten erfolgen. Das Projekt wäre somit im Herbst 2015 fertig. Die Baukosten liegen bei rund 25 Millionen Euro.

Die geplanten Neuerungen auf der Mahü:

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