Parkpickerl-Betrug endlich vor Gericht

Mittels fingierter Aufträge wurden Parkpickerl gefälscht.
Gemeindebediensteter verkaufte manipulierte Pickerl unter der Hand billiger, Abnehmer schon verurteilt.

Einer der größten Skandale im Wiener Magistrat geht nach knapp drei Jahren ins Finale. Über mehrere Monate hatte ein Gemeindebediensteter im Jahr 2012 illegal Parkpickerl unter der Hand verkauft. Mehrere Abnehmer wurden bereits zu bedingten Haftstrafen bis zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt, der Verkäufer stand allerdings noch nicht vor Gericht. Nun ist es soweit: Im Februar wurde Anklage gegen Manuel H. eingebracht, am 2. Juni muss er sich im Wiener Landesgericht wegen Amtsmissbrauchs und Bestechlichkeit verantworten, ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Zurück in das Jahr 2012. In dieser Zeit herrschte auf den Magistratsämtern im Westen Wiens Hochbetrieb, wurde doch mit 1. Oktober 2012 das Parkpickerl auf große Teile der Bezirke 12, 14, 15, 16 und 17 ausgeweitet. Besonders viel zu tun hatte ein Vertragsbediensteter im Bezirksamt LeopoldstadtManuel H. Er soll in dieser Zeit knapp 400 Parkpickerl unter der Hand verkauft haben. Etwas weniger als 300 Euro kostet ein Pickerl für zwei Jahre offiziell in der Kernzone, Manuel H. soll es um ein Drittel der Summe verkauft haben.

Parkpickerl-Betrug endlich vor Gericht
Parkpickerl neu, Magistratisches Bezirksamt, 15. Bezirk
Wie der Deal aufflog, darüber gibt es zwei Varianten. Die eine besagt, dass aufmerksamen Parkwächtern die aufgeklebten Parkpickerl an einigen Autos verdächtig vorgekommen sind. Sie sollen daraufhin Meldung erstattet haben und so die interne Kontrollkette im Magistrat in Gang gesetzt haben.

Die zweite Variante besagt, dass ein Komplize von Manuel H. wegen eines anderen Delikts festgenommen wurde und dabei freimütig den Parkpickerl-Coup ausplauderte. Die interne Revision der Magistratsdirektion überprüfte daraufhin die Vorgänge und konnte den mutmaßlichen illegalen Pickerlverkäufer schnell ausforschen.

"Natürlich gab es schon damals ein Kontrollsystem", sagt Rudolf Gerlich, Sprecher der Magistratsdirektion. H. dürfte dieses Kontrollsystem aber mit hoher krimineller Energie ausgeschaltet haben. Er soll falsche Aufträge im System angelegt haben, indem er bestehende Parkpickerl-Akten manipuliert haben dürfte. Er soll etwa gemeldet haben, dass die Windschutzscheibe eines Pickerl-Besitzers zu Bruch gegangen sei, oder sich dieser ein neues Auto gekauft habe.

So bekam Manuel H. Zugriff auf die begehrten Rohlinge, die intern durchnummeriert auf Rollen aufgewickelt sind. Mit einer Stanzmaschine werden dann dort die Gültigkeitsdauer und das Kennzeichen in das Pickerl eingestanzt. H. soll dann einfach andere Kennzeichen eingetragen haben, der ursprüngliche Besitzer des Aktes bekam von dem Vorgang nichts mit.

Anfangs soll H. die manipulierten Pickerl noch direkt im Magistrat angeboten, später über einen Mittelsmann an weit mehr Kunden weitergegeben haben. Sogar auf einer Tankstelle sollen die gefälschten Parkpickerl angeboten worden sein, ganze Familien gehörten zu den Abnehmern. Deren Ausreden, sie seien von legalen Bezugsmöglichkeiten über eine Firma ausgegangen, zogen vor den Strafrichtern nicht. Rund 400 gefälschte Parkpickerl sollen in Umlauf gebracht worden sein.

Nach Auffliegen des Falles wurde Manuel H. fristlos entlassen. Auch wurden die Kontrollinstanzen noch einmal verschärft. "Der Fall wäre heute nicht mehr möglich", betont Gerlich. "Wir haben alles zur Anzeige gebracht, dienstrechtlich war die Angelegenheit damit für uns erledigt." Man habe sich im Magistrat aber gewundert, dass das gerichtliche Verfahren so lange gedauert habe.

Richterin Minou Aigner hat den Prozess gegen H. am 2. Juni für nur zwei Stunden angesetzt. H. dürfte also geständig sein.

Manipulationen wie jene von Manuel H. sind zukünftig nicht mehr möglich: Schon bald wird das Pickerl in Wien durch eine elektronische Variante ersetzt. Konkret ist die Verwendung eines Chips geplant, der bei Verlängerung nicht getauscht werden muss. Ein neuerliches Aufkleben eines Pickerls ist somit nicht mehr nötig. Der entsprechende Pilotversuch startet im Herbst.

Begonnen wird mit der testweisen Umstellung im 4. und 5. Bezirk. Wer ab 1. November dort ein neues Parkpickerl oder eine Verlängerung beantragt, wird automatisch mit dem neuen elektronischen Parkchip ausgestattet. Länger gültige Exemplare müssen nicht getauscht werden, sondern werden bei der nächsten Verlängerung ersetzt.

Die Chips sind selbstklebend und müssen den rechtlichen Vorgaben entsprechend an der rechten oberen Ecke hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar angebracht werden. Auf dem elektronischen Teil sind keine Daten gespeichert. Hinterlegt sei lediglich eine „einmalige und eindeutige“ Identifikationsnummer, die mit einem speziellen Gerät ausgelesen werden kann, betonte die Stadt zuletzt.

Der Probebetrieb soll sechs Monate dauern. Nach einer Evaluierung soll im September 2016 das Konzept auf alle Pickerlbezirke ausgedehnt werden.

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