Täglicher Medizin-Check ab 30 Grad
Kaum ist die erste Hitzewelle überstanden, naht schon die nächste. Wiens Tierschutz-Stadträtin Ulli Sima (SP) appelliert daher an Fiaker-Unternehmer, ihren Pferden an heißen Tagen hitzefrei zu geben (der KURIER berichtete). Derzeit bereitet die Stadt die rechtlichen Grundlagen für gesetzliche Maßnahmen auf. Für Fiaker-Sprecherin Martina Michlfeit-Stockinger eine unnötige Schikane. "Es gibt keine veterinärmedizinische Notwendigkeit, die Tiere wegen Hitze von der Straße zu nehmen", sagt sie. Ihrer Meinung nach wird hier bloß "politisches Kleingeld auf den Köpfen kleiner Unternehmer" gemacht.
Stichproben-artig untersucht Wenzl einzelne Pferde-Paare. Ausweisen muss er sich dafür nicht mehr – die Fiakerfahrer kennen ihre Kontrolleure mittlerweile.
Ruhiger Puls
Zuerst werden die Tiere überprüft – von den Hufen über Puls und Atemvolumen, bis hin zum Sitz des Geschirrs. Vom Gehabe bis zur Gangart. Ein paar Pferde halten den Kopf gesenkt und die Hufe angezogen. Was Laien oft für Anzeichen von Ermattung halten. Doch Wenzl beruhigt: "Das sind Entspannungshaltungen. Diese Pferde sind kurz davor, einzudösen."
Danach nimmt der Amtsveterinär die Papiere der Fiakerfahrer unter die Lupe. In den Fahrtenbüchern sind Einsatz- und Fütterungszeiten nachzulesen. Meistens jedenfalls. Beim KURIER-Lokalaugenschein muss Wenzl bloß einen Kutscher auffordern, die letzte Fütterung korrekt einzutragen.
Fiakerfahrer Herbert Bachl lässt die Kontrolle routiniert über sich und seine Pferde ergehen. Wäre eines davon geschwächt, "würde ich nicht ausfahren", versichert er. "Einerseits gibt es hohe Strafen und andererseits wär’ das Tierquälerei."
Neue Studie
"Wir können genau beurteilen, welche Pferde wir einsetzen können", sagt dazu Michlfeit-Stockinger, "und wir haben kein Interesse daran, dass uns eines umkippt." Das Pensum, das die Wiener Fiakerpferde leisten – "an guten Tagen 20 Kilometer" – sei "eine lächerliche Arbeitsbelastung im Vergleich dazu, was sie leisten könnten". Die Pferde nicht zu bewegen, schade ihnen erst recht. Zudem seien von den 400 Wiener Fiakerpferden pro Tag nur 116 im Einsatz.
Die Hitze, ist man in der Branche überzeugt, mache den Tieren nichts aus. Michlfeit-Stockinger verweist auf eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität, die 2009 im Auftrag der Wiener Tierschutz-Ombudsstelle erstellt wurde – und genau das ergab. Dennoch käme jeden Sommer erneut dieselbe Diskussion aufs Tapet.
Veterinär Wenzl kennt die Argumente alle. "Natürlich", sagt er, "ist die Temperaturverträglichkeit bei Pferden aufgrund ihrer Anatomie hoch. Diese Tiere sind sehr anpassungsfähig. In Einzelfällen sind aber sehr wohl Belastungen möglich."
Kommentare