14.000-mal Baustellen-Ärger

Flaschenhals Westeinfahrt: Bei Auhof wurde die Stadteinfahrt auf eine Spur eingeengt. Bis zum Gürtel folgen weitere Baustellen. Experten kritisieren, dass mit Sanierungsmaßnahmen zu lange gewartet wird.
Leser decken Mängel bei Baustellen auf. ARBÖ-Experte kritisiert Baustellen-Management.

Der Höhepunkt des Baustellen-Sommers steht erst bevor, trotzdem gehört der nervige Stau schon jetzt für Autofahrer zum Tagesgeschäft. Der KURIER startet daher die Leser-Aktion "Baustellen-Saison" (Details siehe unten). 13.842 Baustellen werden heuer in Angriff genommen. Flächendeckende Sanierungen stehen an – nicht nur im übergeordneten Netz. Auch Nebengassen verkraften die Verkehrslawine oft nicht mehr. Leser beschweren sich über verwaiste Baustellen, schlechte Koordination und mangelnde Information.

Der KURIER fragte bei ARBÖ-Experte Kurt Sabatnig nach, ob die Staus zu verhindern oder zumindest zu entschärfen wären.

KURIER: 14.000 Straßen-Baustellen bis Jahresende in der Stadt. Zu viele, oder ist die hohe Anzahl gerechtfertigt?

Kurt Sabatnig: In Wien wird zu lange gewartet, bis seriös saniert wird. Somit summieren sich die Baulose. Beim Baustellen-Management ist Luft nach oben vorhanden.

Leser beschweren sich, dass Straßenzüge über Jahre hindurch an der selben Stelle aufgegraben werden. Warum?

Da weiß die linke Hand oft nicht, was die rechte macht. Einmal graben die Wiener Linien auf, dann kommen Internetkabel, Kanalarbeiten und Instandsetzungen an Fahrbahnen. Im Magistrat herrscht ein Kommunikationsdefizit.

Ärger entsteht, wenn Tage lang Baustellen verwaist sind. Die Stadt argumentiert mit Aushärten des Betons. Oft wurde aber noch gar kein Beton gelegt ...Da übernehmen sich die Firmen. Mehr Aufträge bedeuten mehr Geld. Auch hier müsste der Magistrat härter, etwa durch höhere Pönalen, durchgreifen. Zusätzlich leidet darunter die Qualität.

Das klingt nach laxer Aufsicht. Täuscht der Eindruck?

Man muss näher zum Problem. Die Asfinag erfand den Traffic-Manager. Dort, wo es massiv staut, ist der Experte vor Ort. Lösungen werden so schneller gefunden.

Die Stadt hat mit dem Baustellen-Koordinator ja auch eine ähnliche, mobile schnelle Eingreif-Truppe.

Ja, aber es genügt nicht, bei 14.000 Baustellen zeitweise zu patrouillieren. Das müsste rund um die Uhr passieren. Nur so kann verhindert werden, dass bei den Alternativ-Routen durch die Grätzl kleinere Baulose den Verkehr wiederum bremsen. Selbst wenn Lenker intelligent ausweichen wollen, ist der Zeitgewinn gleich null.

Stichwort Ausweichrouten. Vielen Lenkern fehlt hier die Information. Ist die Stadt säumig?

In diesem Fall vergisst der Magistrat auf seine Aufgaben. Hier fehlt es an moderner Bürgernähe und Info-Politik. Und sehr oft stehen die gelben Info-Tafeln viel zu nahe an den Baustellen.

Selbst bei Großbaustellen wird am Abend oder am Freitag kaum gearbeitet. Am Wochenende ohnehin nicht. Wie kommt das?

Die Stadt will verständlicherweise keine Überstunden zahlen. Also ruhen die Arbeiten. Der ARBÖ-Vorschlag wäre, zwei Muster-Baustellen einzurichten. Eine, wo möglichst schnell und effizient saniert wird, die andere nach gängiger Art. Denn in der Realität kostet Stau viel Geld. Auch die Umwelt würde durch schnelleres Arbeiten profitieren.

Bremst die Politik den Pkw in Wien bewusst ein?

Das Auto wird sogar verteufelt. Siehe am Beispiel Pendler-Problematik. Damit ruiniert die Stadtpolitik leider auch die Wirtschaft.

Und so funktioniert die breite Leser-Aktion "Baustellen-Saison": Infos und Fotos bitte an baustelle(at)kurier.at mailen. Sie können aber auch Leserreporter werden. Laden Sie die Smartphone-App "Scoopshot" (gratis) herunter. Die Redaktion schickt über diese App Nachrichten über Hotspots und bittet um Fotos. Machen Sie ein Bild (oder Video) und laden Sie es über die Smartphone-App hoch. Die Redaktion wählt dann die besten Schnappschüsse aus. Wird ihr Bild gedruckt, bekommen Sie zusätzlich ein Fotohonorar überwiesen.

Staus durch Events

Auch Großveranstaltungen wie etwa der Marathon oder mehrere Demos legen den Verkehr oft lahm. Der am Samstag vor dem Rathaus startende Life Ball, bringt Teilsperren der Ringstraße mit sich. So ist der Ring zwischen Operngasse und Schottengasse von 16 bis 18 Uhr, der Bereich Schwarzenbergplatz–Schottengasse von 18 bis 21.30 Uhr sowie der Abschnitt Operngasse – Schottengasse bis 24 Uhr für den Autoverkehr tabu. Zusätzlich ist rund um das Rathaus, Burgtheater und das Parlament ab 18 Uhr mit Sperren zu rechnen.

Die Baustellen-bedingten Behinderungen bei der Westeinfahrt begrenzen sich nicht nur auf Fahrbahnen. Auch die U4 wird diesen Sommer saniert. Betroffen ist die Station Hütteldorf, wo die Empfangshalle ein neues Gesicht bekommt. Auf dem Streckenabschnitt Ober St. VeitSchönbrunn gehen die Bauarbeiten ebenfalls weiter. „In diesem Bereich werden die Wände der U-Bahn-Tunnel saniert. Es kann auf diesen Abschnitten dadurch immer wieder zu Verzögerungen kommen“, bestätigt Dominik Gries, Sprecher der Wiener Linien.

Fahrgäste und Pendler, die glaubten, mit den Öffis schneller unterwegs zu sein, haben sich getäuscht. Bei der KURIER-Aktion „Baustellen-Saison“ klagen Hunderte Pendler über Sperren und schlechtes Vorankommen im Öffi-Verkehr. Beim Großprojekt rund um den Hauptbahnhof sind etwa Abgänge zur U1 am Südtiroler Platz gesperrt (siehe Bild). „Wann nimmt die Baustelle endlich ein Ende? Jetzt sind auch noch die Stiegen zur U-Bahn und S-Bahn gesperrt – nervig!“, postete eine KURIER-Leserin.

Rund um den Hauptbahnhof wird es weiter zu Behinderungen kommen, erklären die Wiener Linien. Auch in der U6 kann man sich diesen Sommer auf Verzögerungen einstellen. „Die Station Alser Straße wird generalsaniert. Die Station Thaliastraße wird wegen Bauarbeiten am Abend oft nur eingleisig befahrbar sein“, sagt Gries.

Sie ärgern sich wieder einmal über den nervigen Baustellen-Sommer? Der KURIER bietet seinen Lesern eine neue Plattform. Die Redaktion braucht dazu ihre geschätzte Mithilfe. Und darum geht es:

- Wo sind Baustellen, auf denen nicht gearbeitet wird?

- Welche Bauprojekte auf Wiens Straßen ärgern Sie besonders, und warum?

- In welcher Region der Stadt ist das Baugruben-Aufkommen besonders hoch?

- Kennen Sie neue, besonders innovative Alternativ-Routen?

- Informieren Sie uns über schlecht beschilderte Umleitungen.

- Wo werden wegen der Arbeiten zu viele Parkplätze eliminiert?

- Wo sind Baulose nicht korrekt gesichert, wo ist die Staub- und Lärmbelastung unerträglich?

Infos und Fotos bitte an: baustelle(at)kurier.at

Die Redaktion wird die Politik mit den Problemen konfrontieren. Wir berichten darüber.

Liebe Leserinnen und Leser, aufgrund technischer Probleme war die angeführte Email-Adresse am Dienstag vorübergehend nicht erreichbar. Der Fehler ist nun behoben. Danke für Ihr Verständnis, die Redaktion

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