Wohnbau-Projekt beißt sich mit Schutz des Alpenskorpions
Es ist ein typischer Apriltag in Tirol. Ein Kälteeinbruch hat dafür gesorgt, dass die Berge hinter dem Haus von Fridolin Raggl in Schönwies (Bezirk Landeck) in der Nacht bis nahe an die Tallage angezuckert wurden. Am Fuß einer Felswand dreht der 57-Jährige in einem Föhrenwald Steine um und hebt alte Holzstücke hoch. "Es ist heuer vielleicht noch zu kalt. Ich glaube nicht, dass sie schon heraußen sind", sagt Raggl.
Doch es dauert keine fünf Minuten, bis er den ersten Alpenskorpion entdeckt und kurz darauf den nächsten. Vorsichtig stupst der Tiroler eines der winzigen Spinnentierchen an, um zu beweisen, dass es seinen Namen zu Recht trägt: "Komm, heb deinen Stachel auf". Der träge Skorpion fügt sich. Davor, dass er zusticht, hat Raggl keine Angst. "Das tut weniger weh als ein Wespenstich."
Auf der anderen Seite steht einer, mit dem Raggl als Kind die Schulbank gedrückt hat: Bürgermeister Willi Fink (SPÖ). Er ist überzeugt, dass die Gegenwehr Raggls nicht vom Artenschutz motiviert ist: "Es geht ihm nicht um den Skorpion. Er will keine Nachbarn", sagt Fink. Er sieht sich bestens gewappnet und stützt sich auf ein Gutachten. "Keiner will den Skorpion ausrotten. Auf dem betroffenen Grundstück kommen nur 0,1 bis 0,5 Prozent der Population vor", sagt der Ortschef.
Raggl zweifelt diese Zahlen an und versichert, nicht prinzipiell gegen Wohnbau zu sein. In Teilen des vom Gutachter als Lebensraum ausgewiesenen Areals würden sich aber nur vereinzelt oder gar keine Tiere finden. "Hier gibt es die meisten."
Fall für Umweltanwalt
Die Hintergründe der Kontroverse interessieren Landes-Umweltanwalt Johannes Kostenzer nicht. Aber er ist alarmiert: "Wir werden alles daran setzen, dass das Tier keinen Schaden erleidet. Der Alpenskorpion ist geschützt und eine Rarität." Darauf habe man die Gemeinde hingewiesen.
Der Streit in Tirol erinnert an jenen um die Ziesel in Wien. Rund 200 der geschützten Nager verzögern dort seit Jahren den Bau von 950 Wohnungen im Stadtteil Stammersdorf.
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