Störsender gegen Flugsicherung: Spur führt nach Tschechien

Die Störquelle wurde nicht bei der NATO, sondern in der Stadt Pardubice südöstlich von Prag geortet.

Tschechische Elektronik-Hersteller stehen bei der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) im Verdacht, im Juni 2014 zeitweilig die zivile Flugsicherung in halb Europa lahm gelegt zu haben. Sie sollen durch freigesetzte Störsignale die Transponder der Verkehrsflugzeuge zum Ausfallen gebracht haben, wodurch diese von des Radarschirmen der Fluglotsen verschwanden - der KURIER hat berichtet.

Im Juni 2014 deckte der KURIER den Luftfahrtskandal auf: Am 5. Juni 2014 empfingen die Flugsicherungsstellen in sieben europäischen Städten - Karlsruhe, München, Wien, Prag, Bratislava, Warschau und Budapest - keine sicheren Daten mehr über Höhe, Kurs und Geschwindigkeit zahlreicher Passagiermaschinen. Am 10. Juni wiederholte sich der Vorfall - mehr dazu hier. Die Fluglotsen mussten die Daten per Funk von den Piloten einzeln abfragen und die Sicherheitsabstände zwischen den Maschinen vergrößern. Es kam zu Flugverspätungen von insgesamt 150 Stunden.

NATO im Verdacht

Als Verursacher in Verdacht geriet die NATO. Denn just in diesen Tagen wurden sogenannte ELOKA-Übungen (Elektronische Kampfführung) unter dem Codenamen NEWFIP durchgeführt. Das bestätigte auch der Deutsche Bundestag in einer Anfragebeantwortung.

Die NATO gab, wie in solchen Fällen üblich, keinen Kommentar ab. Und es blieben Zweifel an der NATO-Verursacherschaft. Zum KURIER-Bericht herrschte bei den meisten offiziellen Stellen betretenes Schweigen. Man fürchtete wohl, viele Flugpassagiere wegen des Sicherheitsproblems zu verunsichern. Allerdings nahmen über Anregung des österreichischen BMVIT und der Austro Control die EASA und die Euro Control Ermittlungen auf.

Rüstungsfirmen

Demnach wurde der Verursacher des Störsignals in der tschechischen Stadt Pardubice südöstlich von Prag geortet. Dort befinden sich Elektronikfirmen, die vor allem im Rüstungs- und Luftfahrtbereich aktiv sind. Der EASA-Bericht: „Es ist höchst wahrscheinlich, dass von der dortigen Industrie durchgeführte Tests die tatsächliche Quelle für die Störungen gewesen sind.“ Der Bericht nennt auch konkrete Firmen, die aber jede Beteiligung bestreiten.

Jedenfalls leitet sich aber auch ein Maßnahmenkatalog aus dem Bericht ab, mit dem derartige Zwischenfälle künftig vermieden werden können. So werden die Mitgliedsstaaten unter anderem aufgefordert, die Signale von Radaranlagen auf dem Boden zu reduzieren. Denn die Überlastung des Luftraumes mit Funksignalen soll
mit eine Ursache für das Blackout gewesen sein. Außerdem soll die internationale Zivilluftfahrtsorganisation ICAO künftig den Flugverkehr warnen, wenn wieder jemand einen heiklen Test plant, der zu Störungen der Radarfrequenzen führen könnte.

Markus Pohanka von der Austro Control bestätigt dem KURIER gegenüber den EASA-Bericht. Nachdem Österreich zu den Initiatoren der Untersuchungen gehöre, sei man auch intensiv eingebunden gewesen. Die Schlussfolgerungen des Berichtes – vor allem bezüglich der Reduzierung der Radarsignale – könnten aber auf nationaler Ebene alleine nicht umgesetzt werden. Deshalb wurde bei der internationalen Zivilluftfahrtsorganisation ICAO eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die eine gesamteuropäische Lösung für das Problem finden müsse.

Störsender gegen Flugsicherung: Spur führt nach Tschechien
Foto: Bundesheer

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