Sechs Tote: Flieger hätte niemals starten dürfen

Die Cessna nach dem Absturz in Ellbögen (Tirol)
Drei Jahre nach Absturz in Tirol ist klar: Der Flug war ein Himmelfahrtskommando.

Das Luftfahrzeug war zum Unfallzeitpunkt nicht lufttüchtig", heißt es im dieser Tage veröffentlichten endgültigen Untersuchungsbericht des Verkehrsministeriums lapidar. Doch das umschreibt den Leichtsinn nicht einmal annähernd, der im September 2012 für den Tod von sechs Freunden verantwortlich war. Der nun veröffentlichte Endbericht ist das Protokoll eines echten Himmelfahrtskommandos.

Der Pilot, Alfred F. (51), hatte lediglich die Berechtigung, mit maximal vier Personen unentgeltliche Flüge auf Sicht durchzuführen. Der Salzburger war seit 2010 aber offenbar als Mietpilot im Einsatz, auch bei Nebel und schlechter Sicht. An seinem Flugzeug, einer achtsitzigen Cessna 414, schraubte er – entgegen aller Vorschriften – auch selbst herum. Als gelernter Kfz-Mechaniker sah er sich dazu offenbar im Stande.

Im September stand nun die Wartung des rechten Triebwerkes an. Doch Alfred F. fehlte das Geld dafür. Deshalb kam ihm der Auftrag der Zillertaler Freundesrunde, zum Motorrad-Grand-Prix nach Valencia zu fliegen, gerade recht. Damit könnte er die Arbeiten bezahlen.

362 Kilo überladen

Sechs Tote: Flieger hätte niemals starten dürfen
Am 30. September aber herrscht Nebel rund um den Flughafen Innsbruck. Der Start erfolgt im Sichtflug, doch F. weiß vermutlich nicht, wo der Nebel beginnt – er fragt nirgends um einen Wetterbericht an. Auch sonst nimmt der 51-Jährige es nicht so genau, sein Flugbuch ist voll von Fehlern und Zahlendrehern. Dass die Cessna um 362 Kilo oder mehr als elf Prozent überladen ist, macht ihm nichts aus. Im Flugplan gibt er sieben Personen an, die an Bord sind. Dass es tatsächlich acht sind, übersieht der Pilot.

Als er um 4.50 Uhr schließlich von Innsbruck abhebt, ist die Stimmung an Bord gut, wie die zwei Überlebenden später berichten. Rund sechseinhalb Minuten nach dem Start fragt der Tower Innsbruck noch einmal nach: "Confirm VMC?", was so viel bedeutet wie: "Bestätigung für Sichtflug?". Alfred F. antwortet: "Affirmative" ("Bestätigt").

Das dürften die letzten Worte des Piloten gewesen sein. Und sie dürften nicht der Wahrheit entsprochen haben. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Cessna bereits im Nebel oder unmittelbar vor der Nebelbank, hält der Bericht fest. Im Flieger wird die Stimmung laut den zwei Überlebenden schlagartig schlechter. Alfred F., der mit einer Handyapp navigiert, greift zwei Mal kurz zu einer Flugkarte. Offenbar hat er im Nebel die Orientierung verloren. Jetzt wären Kenntnisse im Instrumentenflug gefragt.

Um 3,2 Kilometer verirrt

Auf rund 800 Metern Höhe macht die Cessna eine starke Linkskurve. Der 51-Jährige soll zu einem Meldepunkt namens Sierra fliegen. Doch eigentlich dürfte er dorthin erst ab rund 1000 Metern abbiegen. Somit kommt die Cessna immer weiter vom Kurs ab. Teilweise ist sie mehr als 300 Meter zu tief – und das in dieser bergigen Tiroler Region. Schließlich verpasst F. den Meldepunkt Sierra um ganze 3,2 Kilometer.

Plötzlich rammt die Cessna bei Ellbögen einige Bäume. Die Insassen zucken zusammen als die Maschine keine 100 Meter weiter gegen den Berg kracht. Ausgerechnet die beiden Personen in der Maschine, die nicht angeschnallt gewesen sind, überleben. Sie können sich rasch befreien und sich vom brennenden Wrack entfernen. Nur einer der Tiroler stirbt beim Aufprall, die anderen ersticken an den Rauchgasen.

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