Salzburg: Einigung im Ärzte-Gehaltspoker

Verschobene Operationen und oder zugesperrte Ambulanzen waren das Drohszenario, das Vertreter der Ärzte an die Wand geworfen hatten
Land passt die Grundgehälter an und hat dafür ein Paket in Höhe von 13,5 Millionen Euro geschnürt.

Notfalls wird bis zum 31. Dezember verhandelt", gab Salzburgs Finanzlandesrat Christian Stöckl (ÖVP) als Devise aus, bevor er sich am Freitag um 14.30 Uhr mit Ärztevertretern zum großen Gehaltspoker zusammensetzte. Die Runde hätte zunächst maximal drei Stunden dauern sollen, zog sich aber letztlich bis in die späten Abendstunden. Denn die Zeit drängte. Die 800 Ärzte der Salzburger Landeskrankenhäuser (SALK) forderten eine deutliche Anhebung der Grundgehälter. "Sonst machen die Ärzte an den Landeskrankenhäusern Dienst nach Gesetz", sagte Salzburgs Ärztekammer-Präsident Karl Forstner im Vorfeld des Gipfels im KURIER-Gespräch.

Nur noch Notbetrieb

Dienst nach Gesetz, das bedeutetet ab 1. Jänner ein Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden. In einer Übergangsphase können die Ärzte, falls sie wollen, weiter wie bisher bis zu 72 Stunden arbeiten. Ohne Aufbesserung der Grundgehälter wären es laut Forstner aber nur einzelne Ärzte gewesen,die dazu bereit wären – mit fatalen Folgen für die Gesundheitsversorgung: "Ein Notbetrieb wäre aufrecht zu erhalten. Aber es würde Leistungskürzungen geben. Operationen müssten verschoben werden, manche Ambulanzen wären gar nicht mehr zu führen. In anderen gäbe es längere Wartezeiten", zeichnet der Ärztekammer-Präsident ein düsteres Bild fürs neue Jahr.

Kurz vor 20 Uhr kam dann die Einigung: Das Land hat ein Paket von 13,5 Millionen Euro geschnürt, das direkt in die Anhebung der Grundgehälter fließt. Stöckl war zuletzt mit einem ersten Angebot in Höhe von zusätzlich 5,5 Millionen Euro abgeblitzt. Das reichte aber bei weitem nicht, um die Gehaltseinbußen abzugelten, die Ärzte hinnehmen müssten, wenn sie ihre Arbeitszeit verkürzen würden. Die Überstunden machen gut ein Drittel der Gehälter aus.

Beim Gipfel sollte durchgespielt werden, was es kosten würde, sich an Mitkonkurrenten zu orientieren. Als Vorbild für ein mögliches neues Gehaltsschema nannte Forstner zum einen das steirische Modell, das erst heuer beschlossen wurde. "Wir sind jetzt auf Augenhöhe mit der Steiermark", sagte Stöckl nach Abschluss der Verhandlungen. 10,5 Millionen Euro werden demnach per 1.1.2015 gehaltswirksam, weitere drei Millionen mit 1.1.2018. Diskussionsgrundlage war auch die Einkommenssystematik bei den AUVA-Spitälern, zu denen auch das Salzburger Unfallkrankenhaus gehört. "Wenn Ärzte vom Landeskrankenhaus über die Salzach wechseln, verdienen sie deutlich mehr", erklärt Forstner den unmittelbaren Konkurrenzdruck im Vorfeld.

Frage der Leistbarkeit

Mit der nun erzielten Einigung konnte das Land praktisch in letzter Minute zu erwartende Leistungskürzungen abwenden. Anfang Dezember hatte sich Stöckl noch den massiven Unmut der Bediensteten zugezogen, weil er Angebot vorgelegt hatte, das keine Erhöhung der Grundgehälter vorsah. Als Antwort flogen bei der Präsentation in einem Hörsaal, wie berichtet, die Kittel. Die Ärzte verließen den Saal.

Eine Flucht der Ärzte zur Konkurrenz – auch in andere Länder wie Deutschland und die Schweiz – hätte Forstner im Falle von gescheiterten Verhandlungen befürchtet. "Wir brauchen in Salzburg marktkonforme Gehälter", hatte Forstner vor dem großen Gehaltspoker gemeint. Die scheint es nun vorerst zumindest im Österreichvergleich zu geben.

Schwierig sind die Verhandlungen zwischen den Ärzten und dem Land auch in Oberösterreich. Landeshauptmann Josef Pühringer hat nach zwei gescheiterten Gesprächen zu einer dritten Runde für kommenden Dienstag eingeladen.

Pühringer kritisiert die "krassen Ungerechtigkeiten in der Gehaltsstruktur" der Ärzte. Während viele Primare in Linz und Wels mehrere hunderttausend Euro bis hin zu knapp einer Million verdienen würden, erhält ein Turnusarzt im ersten Ausbildungsjahr inklusive aller Zulagen monatlich rund 3000 Euro brutto. Pühringer möchte Obergrenzen für die gut verdienenden Primare einziehen und gleichzeitig die jungen Ärzte besser entlohnen. Die Ärztekammer lehnt das ab und fordert eine Steigerung der Grundgehalts von mehr als 1000 Euro für alle 3000 oberösterreichischen Spitalsärzte. Das ist dem Landeshauptmann zu viel.

Er fordert die Ärztekammer weiters auf, die laufenden Protestmaßnahmen einzustellen. Die Kammer führte in der vergangenen Woche in den Spitalsambulanzen eine Informationskampagne durch. Es wurden Sackerl mit der Aufschrift Stoppt die Vertreibung unserer Ärztinnen und Ärzte aus Oberösterreich an die Patienten verteilt.

Ärztekammerpräsident Peter Niedermoser erwartet, dass es durch die Reduzierung der ärztlichen Maximalarbeitszeit von 72 auf 48 Stunden mit Jahresbeginn zu längeren Wartezeiten bei Operationen und in den Ambulanzen kommen wird. Pühringer hält dem entgegen, dass die Versorgung der Patienten gesichert sei.

Harald Mayer, Obmann der Kurie der angestellten Ärzte, lehnt die von Pühringer vorgeschlagene Verschiebung der Zulagen zugunsten der Jungen ab. "Das können wir auch selbst organisieren und wir tun das auch. Es wird damit aber nicht gelingen, die Ärzte davon abzuhalten, aus Oberösterreich abzuwandern."

Von beiden Seiten wird aber das konstruktive und faire Gesprächsklima hervorgehoben.

Vor einigen Wochen gab sich der Betriebsrat der Tiroler Landeskrankenhäuser (Tilak), Gerhard Hödl, gegenüber dem KURIER noch entspannt. Der Übergang auf die neue Ärztedienstzeit werde an den großen Häusern keine großen Schwierigkeiten bereiten, weil die Wochenarbeitszeiten im Schnitt bereits bei 48 Stunden liegen würden. An den kleineren Tilak-Häusern müssten noch Betriebsvereinbarungen geschlossen werden. Die Ärzte können sich ja, wie berichtet, in einer Übergangsphase bis 2021 freiwillig dazu bereit erklären, weiterhin bis zu 72 Stunden zu arbeiten.

Tatsächlich ist der Unmut unter den Landesärzten groß. Zuletzt sollen sogar Unterschriften gegen den Betriebsrat gesammelt worden sein. An der Innsbrucker Uni-Klinik steigen zudem die Bundesärzte auf die Barrikaden. Und in den Bezirksspitälern, die von den Gemeinden verwaltet werden, formiert sich ebenfalls massiver Widerstand. Nun hat sich Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP), wie schon seit längerem gefordert, eingeschaltet. Für Montag hat er Vertreter der Ärzteschaft von Tilak und Bezirkskrankenhäusern und deren Verwalter zu einem Krisengipfel eingeladen. Kommt es bis 31. Dezember zu keiner Einigung, wird mit Personalengpässen gerechnet.

Auch die Verhandlungsrunde am Freitag zur Erhöhung der Bezüge der AKH-Ärzte brachte keine Einigung. Wie berichtet, fordern die Mediziner eine Anhebung ihrer Grundgehälter. Damit sollen die Einkommensverluste ausgeglichen werden, die sich ab Jänner durch die Verkürzung der Arbeitszeit auf durchschnittlich 48 Wochenstunden ergeben.

Das Rektorat hat zwar jetzt beschlossen, die Gehälter der AKH-Assistenzärzte ab Jänner um zehn Prozent zu erhöhen, "doch das ist zu wenig. Außerdem sollten alle Ärzte eine Gehaltserhöhung erhalten", sagt Betriebsrat Martin Andreas. Er geht weiter davon aus, dass es ab Jahresbeginn aufgrund der Arbeitszeit-Verkürzung zu Leistungseinschränkungen kommen wird. Im Jänner gibt es die nächste Verhandlungsrunde im zuständigen Wissenschaftsministerium.

Für die Gemeindespitäler rechnet indes Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) mit einer "rechtzeitigen guten Lösung". Mehr Geld für Kompensationsmaßnahmen werde es wohl nicht geben. Eine Möglichkeit sieht sie in Änderungen der Strukturen – etwa Verbesserungen bei den Tagesdiensten.

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