Revierkämpfe in Österreichs Bergen

Revierkämpfe in Österreichs Bergen
Immer öfter ignorieren Freizeitsportler die Verbote und Warnungen. Ruf nach gesetzlichen Regeln.

Die Konflikte sind nicht neu. Tourengeher, die nächtens frisch präparierte Pisten ruinieren und dabei auch noch ihr eigenes Leben riskieren, haben schon vor mehr als zehn Jahren die Gemüter der Tiroler Liftbetreiber erhitzt. Mit einem Verhaltenskodex und vor allem der Nachtöffnung von etlichen Skigebieten an bestimmten Tagen wurde der boomende Sport jedoch erfolgreich in Bahnen gelenkt. Vor der heurigen Wintersaison konnte das Angebot im Großraum Innsbruck sogar noch ausgeweitet werden. Doch nun gehen erneut die Emotionen hoch.

"Ein paar warnungsresistente Ignoranten gefährden das ganze System", sagt Christoph Höbenreich von der Sportabteilung des Landes Tirol. Die Beschwerden von Pistenbetreibern über Tourengeher, die Sperren ignorieren, häufen sich. "Das ist ein landesweites Phänomen", erklärt Höbenreich. Er appelliert, sich an die Regeln zu halten. Von den Seilbahnbetreibern kommen bereits Forderungen nach gesetzlichen Regeln auf. "Wir bedauern das, verstehen es aber auch", sagt Höbenreich, der hofft, dass derartige Schritte nicht notwendig sind.

In Salzburg wurden im Landespolizeigesetz bereits Möglichkeiten geschaffen, um ortspolizeilich Pistensperren durchzusetzen. Dort wurde der Konflikt in der ersten Hälfte des Winters aufgrund des Schneemangels angeheizt, weil Tourengeher verstärkt die schmalen weißen Bänder in den Skigebieten benutzten und dabei zahlenden Pistennutzern in die Quere kamen.

Tödliche Gefahr

Bei Nachtskitouren kann das Ignorieren von Verboten lebensgefährlich sein. "Die Frage der Windenseile wird unterschätzt", sagt Höbenreich und meint damit jene zum Teil mehrere Hundert Meter langen Stahlkabel, an denen Pistenraupen in steilem Gelände bei der Präparierung hängen. Wird von den Maschinen Zug ausgeübt, können sie über die Piste schnellen. "Da siehst du unten zwei Lichter vom Ratrac und bist in der nächsten Minute geköpft", sagt Karl Gabl vom Kuratorium für alpine Sicherheit. Doch Florian Raffl, Betriebsleiter des Skigebiets Bergeralm in Steinach im Wipptal, erntet bei Hinweisen auf die Verbote zum Teil Ignoranz und mitunter sogar Drohungen: "Das geht von ‚Interessiert mich nicht‘ bis zur Androhung von Prügel."

Doch nicht nur manche Pistentourengeher ignorieren Verbote und schlagen Warnungen in den Wind. Bei dem schwersten Lawinenunglück seit Jahren haben Anfang des Monats fünf tschechische Freerider in der Wattener Lizum ihr Leben verloren. Zuvor hatte ein Hüttenwirt der Gruppe von der Tour abgeraten. In den vergangenen Wintern starben mehrfach Variantenfahrer, die sich von der Piste in gesperrte Tiefschneehänge wagten.

Gleichzeitig geraten Sportler untereinander, aber auch mit Waldbesitzern und Jagdpächtern im Sommer wie im Winter immer öfter aneinander. Die Zahl der Erholungssuchenden auf den Bergen nimmt zu. Es wird enger. "Jeder sieht nur seine Interessen", sagt Gabl. Wie sehr ein daraus resultierenden Streit eskalieren kann, zeigt ein Fall aus dem Herbst. Da wurde ein 58-jähriger Wanderer in Tirol von Downhill-Bikern verprügelt, weil er sich über die hohe Geschwindigkeit der Radler beschwert hatte.

Tausende auf einer Piste

Auch die aktuellen Revierkämpfe rund um das Pistentourengehen sind einem anhaltenden Boom geschuldet. An manchen Tagen laufen auf einigen Tiroler Pisten Hunderte den Berg hinauf. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

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