Politik gibt in Milchskandal "leichte Entwarnung"

Belastete Milch kam nicht ins Glas: Hunderttausende Liter Rohmilch wurden verbrannt statt an Molkereien geliefert zu werden.
Seit dem Frühherbst wurde mit dem giftigen HCB belastete Rohmilch vernichtet.

Alle Werte gehen in Richtung Beruhigung", versichert Albert Kreiner von der Kärntner Landesregierung. So sehr, dass einige der 35 vom Lieferverbot betroffenen Landwirte bald wieder Milch an die Molkereien abgeben dürfen. Es wurden ja angeblich bisher bis zu 10.000 Liter pro Tag in einer Müllverbrennungsanlage vernichtet. Bis Donnerstag werden weitere Testergebnisse erwartet.

Wie berichtet, wurden in Milchproben aus dem Görtschitztal in Kärnten auffällige Werte von giftigem Hexachlorbenzol (HCB) entdeckt. Die Testergebnisse von vier Rohmilch-Einzelproben vom 24. November zeigten jedoch einen überschrittenen Grenzwert.

Obst und Gemüse

Agrarlandesrat Christian Benger, ÖVP, ging damit an die Öffentlichkeit: Bewohnern der Region wurde geraten, Obst und Gemüse aus den eigenen Gärten nicht zu verzehren; Bauern durften zwar Vieh schlachten, doch das Fleisch nicht verkaufen. Das Land ließ bei Gemüse, Obst und Fleisch Proben ziehen, doch diese Ergebnisse dürften frühestens in einer Woche vorliegen.

Tests von Trinkwasser und Erde zeigten bisher keine Überschreitungen, aber: Laut Kreiner gibt es für HCB im Boden in Österreich gar keinen festgesetzten Grenzwert. Für Milch gelten unterschiedliche Werte: Normale Milch habe eine Toleranz von 0,01 Mikrogramm, bei Biomilch dagegen müsse der Wert bei Null liegen.

Darin dürfte das Problem auf behördlicher Ebene gelegen haben: Während einige Abteilungen von Auffälligkeiten wussten, waren andere nicht informiert. SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser beruhigt: "Es gibt leichte Entwarnung. Die Gefährdung ist am Abklingen, die Maßnahmen zeigen Wirkung."

Dazu zählt vermutlich auch das Abfangen von Rohmilch bereits seit Frühherbst: Zumindest solange schon wurde Rohmilch verbrannt. "Die Landwirte sind von uns schon lange alarmiert worden, nur war uns die Quelle des HCB nicht bekannt", schildert Experte Kreiner. Die steht mittlerweile fest: Die Geschäftsführung eines Zementwerkes gab zu, Blaukalk nicht heiß genug verbrannt und dadurch das HCB freigesetzt zu haben. Seit 7. November ist das unterbunden.

Volksanwalt prüft

Doch längst hat der HCB-Skandal eine höhere Ebene erreicht: Die Volksanwaltschaft prüft aber nicht nur Kärnten. "Ich will vom Umweltminister wissen, wer was wann wusste und welche Kontrollen durchgeführt wurden", begründet Volksanwalt Peter Fichtenbauer eine entsprechende Anfrage an ÖVP-Minister Andrä Rupprechter (siehe unten). Außerdem würde analysiert, ob "behördliches Versagen" betreffend Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen vorliege.

Die Volksanwaltschaft schaltet sich nun in den Kärntner Umweltskandal ein. Nachdem HCB (Hexachlorbenzol) in Milch- und Futtermittelproben im Kärntner Görtschnitztal gefunden wurde, leitet Volksanwalt Peter Fichtenbauer eine amtswegige Prüfung des Falles ein. Seit Samstag steht fest, dass in Futtermittel von acht Betrieben erhöhte Werte des hochgiftigen und krebserregenden Stoffes vorhanden sind. Der Volksanwalt kündigte für die kommenden Tage eine Anfrage an den Umweltminister an.

Hexachlorbenzol (HCB) wurde bis zu seinem im Jahr 2004 international durchgesetzten Verbot als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft eingesetzt. Bei der Verbrennung des HCB-belasteten Blaukalks dürfte im Wietersdorfer Zementwerk nicht ordnungsgemäß gearbeitet worden sein, räumte die Geschäftsführung selbst ein. Seit Sommer 2012 wird in Klein St. Paul mit behördlicher Genehmigung Blaukalk aus einer Deponie der Donau Chemie verarbeitet. Das Projekt zur "Altlastensanierung" wurde finanziell großzügig unterstützt: 15 Millionen Euro schoss die Donau Chemie zu, 25 Millionen der Altlastensanierungsfonds des Bundes. „Wie nach einer derartig gut erforschten, lang vorbereiteten und hoch subventionierten Sanierung nach dem Altlastengesetz, ein hochgefährliches Umweltgift aufs Neue freigesetzt werden konnte, werden wir ganz genau prüfen“, sagt Volksanwalt Fichtenbauer.

Systematische Analyse

„Ich will vom zuständigen Umweltminister wissen, wer, was, wann wusste und welche Kontrollen durchgeführt wurden. Vor allem aber werden wir die vorgeschriebenen Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen systematisch analysieren, um beurteilen zu können, ob ein behördliches Versagen vorliegt und ob die Sicherheiten zum Schutz der Bevölkerung im Umweltrecht streng genug sind“, sagt Fichtenbauer.

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