Kein Verschnaufen für Flüchtlinge und Helfer am Tag zwei

Am Sonntag hielt der Flüchtlingsstrom an: 5000 passierten die österreichische Grenze.

Sonntagnachmittag in Nickelsdorf: Zwei syrische Flüchtlinge suchen sich Gewand aus, das freiwillige Helfer gebracht und aufgelegt haben. Daneben räumen Mitarbeiter der Straßenmeisterei den Grenzübergang auf. Essensreste und in der Eile vergessene Kleidungsstücke, der in der Nacht zuvor angekommenen Flüchtlinge werden mit dem Schneepflug beseitigt.

„Es herrscht Ruhe vor dem Sturm“, sagt ein Polizeibeamter am Tag zwei nach der Öffnung der Grenzen. Eine weitere Flüchtlingswelle wird erwartet.

Kein Verschnaufen für Flüchtlinge und Helfer am Tag zwei
ABD0206_20150906 - NICKELSDORF - ÖSTERREICH: Flüchtlinge steigen am Sonntag, 06. September 2015, an der Grenze in Nickelsdorf in einen österreichischen Reisebus ein. - FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET
Laut Innenministerium sollen am Wochenende insgesamt 15.000 Flüchtlinge österreichischen Boden betreten haben. Mehr als 12.000 seien bereits weitergezogen. „Wir haben in Österreich eine unglaubliche Welle der Empathie und Hilfsbereitschaft erlebt“, sagt Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. Die größte Herausforderung sei es gewesen, so Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil, dass es von ungarischer Seite keine verlässlichen Informationen gegeben habe. Nach einem konstruktiven Gespräch mit den ungarischen Amtskollegen sei man nun aber optimistisch, dass die Zusammenarbeit künftig gut funktioniere.

Tausende kommen nach

Laut Foitik sollen sich zwischen 5000 und 7000 Menschen an der ungarisch-serbischen Grenze befinden, die die ungarische Polizei in den nächsten 24 Stunden passieren lassen würde. Die meisten Migranten reisten auch am Sonntag von Nickelsdorf zunächst nach Wien. Dort hatte sich vor allem der Westbahnhof als zentrale Drehscheibe bewährt.

Abdulmatik Alkhaled erreicht den Bahnhof Sonntagfrüh. Er ist nicht mit dem Zug, sondern mit einem Pkw von Ungarn gekommen. 1500 Euro hat er für die Fahrt zahlen müssen. Aber das Geld war es ihm wert, um nur aus Ungarn wegzukommen.

„Ich bin so glücklich! Ich bin in Österreich! Jetzt wird alles gut“, sagt er und die Erleichterung kann man in seinen Augen ablesen. Weiterreisen wollte Alkhaled am Sonntag noch nicht. Ein Freund, mit dem er gemeinsam von Syrien bis nach Ungarn gereist war, war noch nicht nach Österreich gekommen. Auf ihn wollte er warten, bevor es weitergeht nach Deutschland. Jetzt heißt es aber erst einmal ausruhen und die Reserven aufladen.

Engagement

Damit es genug Lebensmittel, Kleidung oder auch Hygieneartikel für die ankommenden Flüchtlinge gab, waren auch am zweiten Tag Hunderte Freiwillige unter anderem auf dem Westbahnhof im Einsatz. 160 Caritas-Mitarbeiter sortierten die abgegebenen Sachspenden, standen bei Fragen zu Verfügung, brachten eine warme Decke oder eine dicke Jacke, wenn jemandem kalt war.

„Der Westbahnhof könnte Vorbild für ganz Europa werden“, sagte Caritas-Präsident Michael Landau bei einer Pressekonferenz, bei der er auch sichere und legale Zugänge zum Asylverfahren sowie einen Schulterschluss von Bund, Ländern, Gemeinden und Zivilgesellschaft forderte. „Europa steht an einem Scheideweg. Leben oder Tod – welches Europa wollen wir?“

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