Familie des toten Babys wurde betreut

Das Baby starb am vergangenen Freitag im Klinikum Klagenfurt.
Das Jugendamt war mit der Causa betraut. Wie genau wurde hingeschaut? Der Vater ist in Haft.

Ein "Fall Luca" darf sich nie wiederholen, hieß es im Jahr 2007, als der 17 Monate alte Luca-Elias an den ihm zugefügten Verletzungen starb. Es handelte sich um sexuellen Missbrauch eines Unmündigen mit Todesfolge. Die zuständige Jugendwohlfahrt sah sich damals mit dem Vorwurf konfrontiert, auf Anzeichen von Gewalt nicht reagiert zu haben.

Und nun muss man sich fragen: Wie genau haben die Behörden im Fall des zwei Monate alten Babys aus Klagenfurt hingeschaut, das am Freitag nach schweren Misshandlungen gestorben ist? Die Familie wurde immerhin seit geraumer Zeit vom Jugendamt Klagenfurt betreut.

Lebenslange Haft

Zurück zum "Fall Luca": Der leibliche Vater hatte sich 2007 mit harter Kritik an die Medien gewandt: die Jugendwohlfahrtsbehörden in Tirol und Niederösterreich hätten von Gewaltanzeichen gewusst und nicht reagiert. Eine Innsbrucker Sozialarbeiterin wurde im erstinstanzlichen Urteil schuldig gesprochen; das Oberlandesgericht wandelte dieses Urteil später in einen Freispruch um. Der Lebensgefährte von Lucas Mutter wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, die Mutter zu einem Jahr unbedingter Haft.

Auch die junge Familie jenes am Freitag gestorbenen, zwei Monate alten Babys aus Klagenfurt, wurde in den vergangenen Monaten von der Jugendwohlfahrt betreut. Ursache für das Einschreiten des Jugendamts Klagenfurt war ein verhaltensauffälliges weiteres Kind (6 Jahre alt) der Frau.

Christine Gaschler-Andreasch, Leiterin der Familienabteilung des Landes Kärnten, betont, dass das Paar "Defizite" bei der Kindeserziehung habe und das Jugendamt "Hilfestellung" geben musste. Es hätten jedoch keinerlei Hinweise auf Gewalttaten in der Familie bestanden: "Bei einer Untersuchung des zweiten Kindes wurden auch keine Auffälligkeiten festgestellt." Seit dem Tod der Halbschwester befindet sich das zweite Kind in der Obhut der Großeltern.

U-Haft verhängt

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt gab am Dienstag bekannt, dass über den 23-Jährigen Kindesvater Untersuchungshaft verhängt wurde. Es bestehe der Verdacht des "Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen". Im Fall einer Verurteilung würde diese Tat eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren nach sich ziehen. Gegen die Mutter des Babys wird nicht ermittelt, sie dürfte während der Tat geschlafen haben.

Das Klinikum Klagenfurt hat in den vergangenen zwei Jahren übrigens sechs Fälle von schwerer Säuglingsmisshandlung aufgedeckt. "Drei Babys tragen massive Folgeschäden davon. Die öffentlich gemachten Fälle sind nur die Spitze des Eisberges", sagt Primarius Wolfgang Wladika.

Am Klinikum Klagenfurt, wo am vergangenen Freitag ein Baby offenbar nach schweren Misshandlungen gestorben ist, sind in den vergangenen zwei Jahren insgesamt sechs schwere Säuglingsmisshandlungen aufgedeckt worden. "Drei Babys tragen massive Folgeschäden davon und bleiben Pflegefälle", sagte Primarius Wolfgang Wladika am Dienstag in einer Aussendung des Krankenhausbetreibers Kabeg.

Um den Kindesmisshandlungen entgegenzuwirken, haben Mediziner, Psychologen und Hebammen des Klinikums erst kürzlich ein eigenes Konzept zur Prävention entwickelt. Das Projekt soll Kindern, vor allem aber deren überforderten Eltern oder Erziehungsberechtigten helfen. "Die meisten Übergriffe auf Kinder geschehen aus Überforderung heraus", sagte Psychologin Augustine Gasser.

Nachhaltige Schäden

"Die öffentlich gemachten Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs", erklärte Wladika, Vorstand der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters. Vor allem im Säuglingsalter wirkten sich Misshandlungen massiv aus. Es entstünden sehr häufig nachhaltige Schäden sowohl körperlicher als auch seelischer Natur, so der Mediziner.

Betroffen von Misshandlungen seien aber auch ältere Kinder. "2014 mussten wir 15 Kinder nach körperlichen Attacken an meiner Abteilung behandeln, 2013 waren es 16 Patienten", berichtete Günter Fasching, Vorstand der Kinder- und Jugendchirurgie am Eltern-Kind-Zentrum. Insgesamt seien ein bis zwei Prozent der stationären Aufnahmen in seiner Abteilung auf ein Gewaltdelikt zurückzuführen.

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