Die andere Seite der Saualm

Asylwerber in St. Andrä im Lavanttal beim St. Andräer See: Ashraf Hassan, Omar Hassan, Eilia Farah, Mohammed Albayati, Ali Albayati bei gemeinnütziger Arbeit
Der "Schandfleck" ist Geschichte, St. Andrä sorgte für eine neue Willkommenskultur.

Ein Flüchtlingsheim in der Einöde auf der Saualm, fernab jeder Zivilisation. Der verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider und sein Nachfolger Gerhard Dörfler lieferten mit dieser als "Sonderanstalt" titulierten Unterkunft einst Negativschlagzeilen, weil nicht einmal die Mindeststandards bezüglich Hygiene, Verpflegung und Infrastruktur eingehalten worden waren.

Während diese Behausung Geschichte ist, wurde vor drei Jahren – nur fünf Kilometer vom "Schandfleck" entfernt – ein neuer Hort für Flüchtlinge geschaffen. Die Saualm bleibt als einzige Gemeinsamkeit; statt Quarantäne in der Einschicht wird im ehemaligen Feriendorf Integration gelebt.

In urigen Häusern sind dort 74 Asylwerber untergebracht; hauptsächlich Syrer, Pakistani, Iraner. Errichtet wurde das Feriendorf einst vom Tourismus-Riesen Neckermann; entsprechend hoch ist nach wie vor der Standard in den Wohnungen. Für die Verpflegung sorgt der Gasthof nebenan.

Die Gäste werden hier keineswegs auf die Alm verbannt. "Die Gemeinde holt alle Flüchtlinge mit dem Bus ab und führt uns nach St. Andrä. Dort dürfen wir arbeiten, uns nützlich machen. Wir wollen nicht faul herumsitzen", sagt Ashraf Hassan aus Syrien.

St. Andrä war mit einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt vor drei Jahren Vorreiter: "Die Menschen brauchen Arbeit, brauchen den Umgang mit den Einheimischen. Hier können sie einen wertvollen Betrag leisten", erzählt Peter Stauber (SPÖ), seit 19 Jahren Bürgermeister.

"Shoppen"

Rasenmähen, Gehwege säubern, Hilfstätigkeiten im Bauhof und die Pflege der Grünanlagen stehen im Vordergrund. "Wir sind froh, wenn wir helfen und eine Kleinigkeit verdienen können", unterstreicht Ali Albayati aus dem Irak. Jeden Freitag ist daher Shoppen angesagt, dafür werden die Asylwerber mit dem Bus nach Wolfsberg chauffiert.

"Außerdem bieten wir Deutschkurse in der Unterkunft der Flüchtlinge an. In der Schule gibt es Förderlehrer, die sich um die Integration der Kinder im Alltag kümmern. Es ist unglaublich, wie schnell die Kids Deutsch lernen", freut sich Stauber. Die Bevölkerung organisiert gemeinsame Feierlichkeiten; Nachbarn stellen sich von Fall zu Fall mit Jause oder Kuchen ein.

Und schließlich gibt es einen guten Geist, der sich oben auf der Alm um die Sorgen und Bedürfnisse der Flüchtlinge kümmert: Heinrich Tritthart, ein Grazer, hat sich auf 1400 Metern Seehöhe ein altes Häuschen gekauft und dieses renoviert. Er setzt sich für Integration ein und legt sich – falls erforderlich – auch mit der heimischen Bevölkerung an. "Eine Familie aus dem Iran wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Die Eltern konvertierten zum Christentum. Inzwischen haben die beiden und ihre Tochter Aufenthaltsbewilligungen. Der Kontakt zu vielen Asylwerbern bricht nie ab – der beste Beweis für Integration", erklärt Tritthart.

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