Schlusspfiff in der Causa Kartnig

Am 23. April entscheidet sich, ob der Ex-Sturm-Präsident ins Gefängnis muss.

Das letzte Match pfeifen fünf Höchstrichter. Was am 23. April, wohl irgendwann zur späten Mittagsstunde verkündet wird, "pickt", ließ Hannes Kartnig einmal wissen: Der Oberste Gerichtshof entscheidet endgültig, ob Pleite und Malversationen rund um den SK Sturm den bekannten Steirer ins Gefängnis bringen.

Fünf Jahre Haft fasste der 63-Jährige 2012 am Grazer Straflandesgericht aus (mehr dazu...), zusätzlich noch 6,6 Millionen Euro Geldstrafe. Der Erstrichter sah schweren Betrug und Abgabenhinterziehung als erwiesen an: Steuerhinterziehung durch Schwarzgeldzahlungen an die Kicker gestand Kartnig, Betrug am Land Steiermark aber nicht.

Kartnig verließ damals unter Blitzlichtgewitter den Gerichtssaal kommentarlos. Versteckt hat sich der Unternehmer aber seither nicht: Er besuchte die Grazer Opernredoute ebenso regelmäßig wie die Geburtstagsfeier des Grazer Bürgermeisters oder die Sonnwendfeier des niederösterreichischen Landeshauptmannes.

Schlusspfiff in der Causa Kartnig

Aber zwei Jahre nach dem Urteil und ein paar Tage vor dem letzten Match bleibt er lieber stumm, auch auf Anraten seiner Anwälte. "Es wird vor dem 23. April keine inhaltlichen Stellungnahmen geben", betont Verteidiger Roland Kier, Partner in der Kanzlei Richard Soyers. "Ich bin gegen Zurufe an das Höchstgericht."

Zu lesen hatte der Senat 13 unter dem Vorsitz Kurt Kirchbachers in der Causa ohnehin schon viel. 266 Seiten lang ist das Urteil des Erstgerichts, 72 Seiten allein die Nichtigkeitsbeschwerde von Kartnigs Rechtsvertretern. Dazu kommen, neben der Eingabe der Staatsanwaltschaft, noch sieben weitere Nichtigkeitsbeschwerden: Gemeinsam mit dem Ex-Präsidenten wurden sieben Herren aus dem inneren Kreis des SK Sturm ebenfalls zu Haft- und Geldstrafen verurteilt, (teilweise bedingt): Richter Karl Buchgraber sah auch eine Mitschuld der (Ex-)Vorstände durch Untätigkeit. Auch über diese Urteile wird am 23. April entschieden.

Viele Möglichkeiten

Mindestens drei Stunden dürfte die Verhandlung dauern. Der Ball liegt im Spielfeld der Höchstrichter, wohin sie ihn kicken, ist ungewiss: Möglich ist, dass sie den Nichtigkeitsbeschwerden stattgeben und die Urteile in allen Fällen aufheben. Dann müsste in Graz vollkommen neu verhandelt werden. Sie könnten die Urteile aber auch nur teilweise aufheben.

Die Höchstrichter könnten sich aber auch nur mit den Strafen befassen. Da die Staatsanwaltschaft im Fall Kartnig ebenfalls berufen hat, kann der OGH das Ausmaß nicht nur mildern sondern sogar verschärfen. Das musste auch Andrea Herberstein erfahren: Die Ex-Society-Gräfin wurde vom Erstgericht zu 15 Monaten teilbedingter Haft verurteilt, der OGH erhöhte auf 24 Monate, bevor das Oberlandesgericht wegen Strafmilderung 21 Monate festsetzte.

Schlusspfiff in der Causa Kartnig

Das letzte Wort bei einem Prozess haben immer die Angeklagten. Auch vor dem OGH. Ob sein Mandant etwas sagen wolle, wisse er nicht, betont Anwalt Kier. Beim Prozess dabei sein werde er auf jeden Fall. "Da geht’s ja um sein ganzes Leben." Um das kämpfte Kartnig jüngst erfolgreich im Spital Darmkrebs. So eine Diagnose lasse vieles in einem anderen Licht erscheinen, sinnierte Kartnig einmal.

Jahrelang glänzte Hannes Kartnigs Popularität so wie der blitzblanke Meisterteller, den der SK Sturm 1998 und 1999 holte. Sogar in die Champions League kickte sich der steirische Verein, „Zar Hannes“ war auf dem Höhepunkt der Beliebtheit.

Doch dann kam Sturms Pleite: In Konkursantrag und Zwangsausgleich im Jänner 2007 war von einer Überschuldung von elf Millionen Euro die Rede. Das erlebte Kartnig nur noch von den billigen Plätzen: Am 2. November 2006 trat er als Präsident zurück, nach 14 Jahren an der Vereinsspitze. Schon Monate zuvor begann die Justiz, zu ermitteln. So gab es unter anderem eine Hausdurchsuchung bei Kartnig.

Im Mai 2007 wurde er überraschend in Untersuchungshaft genommen Verdacht auf Steuerhinterziehung und Schwarzgeldzahlungen. Kartnig wurde nach einigen Wochen entlassen, später konstatierte der Oberste Gerichtshof: Die U-Haft war rechtswidrig.

Die Ermittlungen dauerten mehr als drei Jahre. Im Juni 2010 stellte die Staatsanwaltschaft Graz ihre Anklageschrift fertig. Im Visier waren neben dem Ex-Präsidenten noch neun weitere Personen, gegen zwei wurde das Verfahren eingestellt.

Es dauerte weitere neun Monate, bis die Verhandlung im März 2011 eröffnet wurde. Auf das Urteil der ersten Instanz hieß es dann erneut warten: Erst im Februar 2012 fielen die nicht rechtskräftigen Schuldsprüche.

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