Grazer Dschihadisten-Prozess wird fortgesetzt

Bereits am ersten Prozesstag herrschten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen.
Zweiter Prozesstag: Mordanklage gegen mutmaßlichen IS-Kämpfer. Dieser leugnet Gräueltaten.

Am Dienstag ist im Grazer Straflandesgericht der dritte Dschihadisten-Prozess fortgesetzt worden. Ging es am ersten Tag um einen sogenannten "Hassprediger", so war am zweiten Tag ein mutmaßlicher IS-Kämpfer am Wort. Er beteuerte, sich niemals der Terrororganisation "Islamischer Staat" angeschlossen zu haben. Die Anklage, die ihm unter anderem Mord und Nötigung vorwirft, "hat nichts mit mir zu tun." Am Wort war unter anderem ein Islamismus-Gutachter, der erklärte, Mirsad O. habe in seinen Predigten zum bewaffneten Kampf aufgerufen.

Der 28-Jährige mit tschetschenischen Wurzeln hielt sich mehrere Monate in Syrien auf und hat, so der Staatsanwalt, mehrere Morde und schwere Nötigung begangen. Er soll sich dem IS angeschlossen haben und stand in engem Kontakt zum zweiten Beschuldigten Mirsad O., der als Prediger mehrere junge Männer als Kämpfer angeworben haben soll.

Angeklagter leugnet Gräueltaten

Bei der Befragung erwies sich der Angeklagte als äußerst eloquent und bestrebt, einen harmlosen Eindruck zu machen. Bevor er 2013 nach Syrien ging "habe ich nicht einmal gewusst, dass es den IS gibt", erklärte er.

Er habe zwar gekämpft, aber "nur für eine gute Sache. Ich hatte keinen Plan, wem ich mich anschließen soll." Dass er dann doch beim IS dabei war, gab er zu - aber "ich hatte keine Wahl". "Sie hätten gar nicht nach Syrien fahren brauchen", warf der Richter ein. "Ich war dabei, aber ich habe mich nicht angeschlossen, ich habe nie einen Treueeid geleistet oder so", relativierte er seine "Mitgliedschaft".

Eigentlich habe er nur der Bevölkerung helfen wollen. Als ihn der Richter mit den grausamen Taten wie Erschießen und Köpfe abschneiden konfrontierte, die ihm die Anklage vorwirft, reagierte er empört: "Da müsste ich ein Psychopath sein. Ich hätte Leute erschossen, die so etwas tun."

Gespräche über Gewalttaten

Einen ganz anderen Eindruck boten dann die Gespräche, die im Auto des Angeklagten abgehört worden waren. Er unterhielt sich dabei mit Mirsad O. und erklärte, er sei "ganz heiß" darauf gewesen "ich wollte einen so richtig schlachten."

Das wollte er nicht mehr so ernst genommen wissen: "Jeder hat schon einmal gesagt, er möchte jemand umbringen", meinte er. Auch das abschätzige Gespräch über eine Frau "die blonde Maus", die er "wie eine Chipstüte aufreißen" wolle, nahm er nicht so schwer, obwohl der Staatsanwalt von "Vergewaltigungsfantasien" sprach.

Gutachter: "Die Videos weisen ihn eindeutig als Jihadisten aus"

Anschließend war der Sachverständige für Fragen des Islamismus am Wort. Er war nach Aufarbeitung von Videos und CDs der Predigten von Mirsad O. zur Ansicht gekommen, dass dieser zum bewaffneten Kampf aufgerufen habe. "Die Videos weisen ihn eindeutig als Jihadisten aus, auch wenn er sich nur einmal dazu bekannt hat", meinte der Experte. Er kam zu dem Schluss, dass O. "die individuelle Pflicht zum bewaffneten Kampf befürwortet", so die Ansicht des Gutachters.

Er führte weiter aus, Mirsad O. "grenzt sich strikt von Nicht-Muslimen wie Christen und Juden ab". Für ihn seien allerdings auch Schiiten oder Alewiten Ungläubige. Er sieht den Krieg in Syrien "nicht als Bürgerkrieg, sondern als Krieg Muslime gegen Ungläubige", erklärte der Gutachter.

Der Prozess wird am Mittwoch um 9.00 Uhr fortgesetzt. Auf dem Programm steht die Befragung des Islamismus-Gutachters durch Gericht, Staatsanwalt und Verteidigung, außerdem sollen einige Zeugen gehört werden

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