Gemeinden ohne Flüchtlinge droht der Geldengpass

Nur 115 von 279 Tiroler Gemeinden haben Asylwerber aufgenommen
Brief an Bürgermeister: Wer Beitrag leistet, wird bei Infrastrukturprojekten unterstützt.

"Anreizsystem" hat Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) jenen Mechanismus genannt, mit dem säumige Gemeinden nun zur Schaffung von Asylquartieren motiviert werden sollen. "Das Instrument ist auch klar. Das ist das Geld", hatte Platter dabei erklärt. Angezapft werden soll dafür jener Topf, aus dem jährlich rund 100 Millionen Euro an sogenannten Bedarfszuweisungen – vor allem für kommunale Infrastrukturprojekte – vom Land an die Gemeinden verteilt werden.

Fast zwei Drittel der 279 Gemeinden in Tirol haben bisher noch keinen Flüchtling aufgenommen. Ob künftig Bedarfszuweisungen nur an die Willigen fließen, wollte Platter so nicht beantworten und meinte nur viel sagend: "Die Bürgermeister verstehen die Botschaft."

Es ist eine subtile Drohung mit Geldentzug. Die steckt auch in einem Schreiben, das von der Bezirkshauptmannschaft an die Ortschefs im Bezirk Innsbruck Land ausgesandt wurde. Das Schriftstück sorgte etwa in Oberhofen bei der vergangenen Gemeinderatssitzung für Debatten, nachdem es von Bürgermeister Peter Daum (ÖVP) vorgetragen wurde. "Ich habe gewisses Verständnis für die Vorgangsweise, auch wenn es nicht die feine Art ist", sagt der Ortschef auf Anfrage zum strittigen Punkt in dem Brief.

Darin wird an die Gemeinden appelliert, das Land bei der Bereitstellung von Asylquartieren zu unterstützen und aktiv mitzuwirken. Der Druck wird im nächsten Satz aufgebaut: "Alle Gemeinden, die im Sinne dieser Solidarität ihren Beitrag leisten, sollten auch bei anderen notwendigen Infrastrukturmaßnahmen unterstützt werden."

Der Appell lässt sich auch anders lesen: Wer keinen Beitrag zur Schaffung von Asylquartieren leistet, wird nicht unterstützt. "Das kann man auslegen, wie man will", sagt Daum diplomatisch. Fest steht für den Bürgermeister aber auch: "Der Großteil der Tiroler Gemeinden ist bei Infrastrukturmaßnahmen auf Bedarfszuweisungen angewiesen. Und solche Projekte hat man eigentlich laufend."

Zeit bis Ende April

Der Druck von oben war überfällig. Tirol rangiert bei der Erfüllung der Asylquote im Bundesländervergleich seit Monaten auf dem letzten Platz. 236 der 279 Bürgermeister gehören der ÖVP an. Sie wollte Parteichef Platter vor den Gemeinderatswahlen im Februar offenkundig nicht an die Kandare nehmen. Die grüne Flüchtlingslandesrätin Christine Baur fand hingegen kein Mittel, um für Bewegung in den Gemeinden zu sorgen. Das könnte sich nun ändern. "Der Landeshauptmann möchte bis Ende April einen Zwischenbericht haben", heißt es in dem Schreiben.

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