832 Gemeinden ohne Asylwerber

Transitquartier in Salzburg (Archivbild)
Fast 100.000 Flüchtlinge kamen heuer nach Österreich, rund 10.000 haben kein fixes Quartier. Internet-Outing für Gemeinden in Oberösterreich.

Die Herbergsuche geht weiter: Bis zu Weihnachten stellten heuer 84.000 Flüchtlinge einen Asylantrag in Österreich. Bis Jahresende rechnete das Innenministerium mit 90.000 bis 95.000 Asylwerbern. Schon jetzt konnte nicht für alle eine fixe Unterkunft gefunden werden. "Rund 10.000 Plätze fehlen. Die Menschen sind in Not- oder Transitquartieren untergebracht", sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Und das obwohl in 832 von 2100 Gemeinden des Landes noch kein einziger Flüchtling untergebracht ist.

Durchgriffsrecht

Doch immerhin: Seit das Durchgriffsrecht des Bundes in Kraft getreten ist (per 1. Oktober, Anm.) ist die Bereitschaft der Gemeinden deutlich gestiegen. Zum Vergleich: Mitte September hatten noch 1246 Gemeinden keine Asylwerber aufgenommen. Seither haben demnach 414 Gemeinden Unterkünfte geschaffen. Und auch etliche Tourismusgemeinden haben sich beteiligt – bis vergangenen Sommer zeigten sich die nämlich auffällig zurückhaltend. Weiterhin nicht dabei sind etwa die beiden Salzburger Gemeinden Großarl und Saalbach-Hinterglemm.

Durch das Durchgriffsrecht sind bisher 3000 Plätze geschaffen worden. Zuletzt kündigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner an, acht Kasernen zu Quartieren zu machen. Was folgte, war ein empörter Aufschrei. So wirft der Villacher Stadtchef Günther Albel (SPÖ) der Ministerin einen Vertrauensbruch vor.

832 Gemeinden ohne Asylwerber
Während Wien und Niederösterreich mehr Flüchtlinge aufgenommen haben als vereinbart, dümpeln speziell Tirol, das Burgenland und Oberösterreich bei der Quote deutlich hinterher.

"Wir geben alles, um Plätze zu schaffen", sagt Georg Mackner von den Tiroler Sozialen Diensten. Dennoch wurde die Quote nur zu 85 Prozent erfüllt. "Die Bereitschaft ist vorhanden. Die Kapazitäten sind aber oft ein Problem." Und man müsse erst die Bedenken der Bevölkerung ausräumen, ehe Flüchtlinge untergebracht werden können. "Der Dialog ist uns wichtig. Das Ganze dauert dann zwar länger, funktioniert aber."

Und nicht zu unterschätzen – auch wenn das niemand offiziell bestätigen will: Im kommenden Februar finden in Tirol die Gemeinderatswahlen statt. Möglichen Ärger mit der Bevölkerung wollen sich viele Bürgermeister ersparen.

Dennoch: Bis Jahresende sollen in Tirol 700 Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden – unter anderem durch den Aufbau von zwei Traglufthallen in Hall und Innsbruck-Mühlau.

Der Druck des Innenministeriums hat auch in Kärnten gefruchtet. "Wir haben uns durch das Durchgriffsrecht eine Welle erhofft", sagt Flüchtlingsbeauftragte Barbara Payer. Die blieb zwar aus, aber "ein paar Gemeinden haben sich dann doch von selbst gemeldet." Etwa Brückl oder Klein Sankt Paul. "Aber es ist noch Luft nach oben", stellt die Flüchtlingsbeauftragte fest.

Internet-Outing

In Oberösterreich stellt das Land selbst den Gemeinden die Rute ins Fenster. Bist 15. Jänner gibt der zuständige Grüne Landesrat Rudi Anschober den säumigen Gemeinden Zeit, Flüchtlingsunterkünfte anzubieten. Dann wird eine Landkarte im Internet veröffentlicht – und dort werden die unnachgiebigen Gemeinden geoutet. "Alle Bürgermeister wurden noch einmal angeschrieben, wir sind in ständigem Kontakt mit ihnen", erklärt eine Sprecherin. Die gängige Antwort: Es fehlt schlicht an passenden Gebäuden. Doch Ortschefs fanden auch andere Worte – etwa Allhamings Joachim Kreuzinger (ÖVP): Ihm sei nicht wohl bei dem Gedanken, so viele Menschen mit völlig anderer Weltanschauung, anderer religiöser Einstellung, anderem Verständnis zur Gesetzessprechung und anderem Verständnis dem weiblichen Geschlecht gegenüber in der kleinen Gemeinde zu beherbergen.

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