Erdbeben der Stärke 4,1 im Osten Österreichs
Montagmittag hat sich im Osten Österreichs ein deutlich spürbares Erdbeben ereignet. Laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hatte es eine Magnitude von 4,1.
Der ZAMG zufolge dauerte das Beben nur wenige Sekunden. Schäden sind laut NÖ Feuerwehrsprecher Franz Resperger bislang keine bekannt. Allerdings seien "Dutzende Anrufe" besorgter bzw. aufgeregter Bürger eingegangen.
Das Epizentrum befand sich im Raum Alland im Bezirk Baden in Niederösterreich, etwa 20 km südwestlich von Wien, berichtete die ZAMG. "Leichte Schäden, wie etwa Risse im Verputz, sind bei dieser Stärke möglich", sagte ZAMG-Seismologin Rita Meurers. Auch mit weiteren Nachbeben muss noch gerechnet werden.
Nachbeben
Das Erdbeben mit der Magnitude 4,1 ereignete sich um 12.28 Uhr. Es wurde von der Bevölkerung im Epizentralbereich und auch in Wien zum Teil kräftig verspürt, berichtete die ZAMG. Ein erstes Nachbeben erfolgte bereits um 12.49 Uhr - dieses war aber wesentlich schwächer, sagte Meurers.
Laut ZAMG-Sprecher Thomas Wostal gab es bereits am 24. April zwei Vorbeben. Statistisch gesehen kommt so ein Beben alle vier Jahre vor, so Wostan gegenüber dem KURIER. Das letzte ereignete sich demnach in Ebreichsdorf im Jahr 2013. Weitere Nachbeben seien noch möglich, diese fallen in der Regel aber schwächer aus.
Magnitude von 4,1: Schäden möglich
Ein Wert von 4,1 bedeutet, dass das Beben in einem Umkreis von bis zu 30 Kilometer spürbar ist und leichte Schäden möglich sind. Dementsprechend wurden die Erdstöße auch in Wien deutlich bemerkt.
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Früher wurde die Erdbebenstärke einheitlich nach der Richterskala bestimmt. Der amerikanische Geophysiker Charles Francis Richter hatte die Skala 1935 speziell für Kalifornien ausgearbeitet. Heute wird die Skala nur noch eingeschränkt eingesetzt, auch weil das Verfahren nur bei Erschütterungen in der Nähe der Messstationen zuverlässige Werte liefert.
"Momentmagnitude"
Mittlerweile werden mehrere Skalen parallel verwendet. Derzeit gilt die sogenannte Momentmagnitude als bestes physikalisches Maß für die Stärke eines Bebens. Sie bestimmt das gesamte Spektrum der seismischen Wellen bei Erdstößen. Die meisten Skalen ergeben zumindest bei schwächeren Beben ähnliche Werte wie die Richterskala, erlauben aber eine genauere Differenzierung bei schweren Beben.
Weltweit treten jährlich etwa 50.000 Beben der Stärke 3 bis 4 auf. Etwa 800 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat den Wert 8. Das heftigste bisher auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile. Erdbeben können je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise unterschiedliche Auswirkungen haben. Meist gilt:
- Stärke 1-2: nur durch Instrumente nachzuweisen
- Stärke 3: nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren
- Stärke 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden
- Stärke 6: mäßiges Beben, Tote und schwere Schäden
- Stärke 7: starkes Beben, Katastrophen mit Todesopfern
- Stärke 8: Großbeben mit vielen Opfern und schweren Verwüstungen
Schwere Erdbeben sind in Österreich bisher kaum aufgetreten. Die stärksten Erdstöße wurden laut Rekonstruktionen der ZAMG im Jahr 1201 mit einer Magnitude von 6,1 (nach Richter) und mit dem Epizentrum Katschberg in Kärnten verzeichnet. 1972 wurde in Niederösterreich eine Stärke von 5,3 erreicht.
Das Epizentrum am 16. April 1972 lag in der Buckligen Welt, in Seebenstein, doch die Erschütterungen waren bis Wien zu spüren, wo es als stärkstes Beben des 20. Jahrhunderts galt. Verletzt wurde niemand, aber es kam zu Sachschaden: In Guntramsdorf und in Schwarzau stürzten zwei ältere Gebäude ein, zwei Eisenkreuze fielen von den Türmen der Kirche.
Schwere Schäden in Kirchen
In Katzelsdorf brach eine Statue vom Kirchturm ab, auch die Kirche in Seebenstein erlitt beträchtlichen Sachschaden. In Wiener Neustadt musste die Bundesstraße stundenlang gesperrt werden, weil man mit der Beseitigung von Gebäudetrümmern beschäftigt war. Im Dom fielen während des Gottesdienstes Mauerteile herab, parkende Autos wurden durch Bauteile beschädigt.
In Wien dauerten die stärksten Bodenbewegungen fünf Sekunden. Leonard Bernstein, der gerade ansetzte, Mahlers Fünfte im Musikvereinssaal zu dirigieren, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Dennoch musste die Feuerwehr Hunderte Male ausrücken, um eingestürzte Rauchfänge und herabgefallene Dachziegel zu beseitigen. 20 Meter der Balustrade an der Universität Wien stürzten ebenfalls in die Tiefe.
Weitere schwere Erdbeben in Österreich (Auswahl):
- 1267 Steiermark, Epizentrum Kindberg, Magnitude 5,4: dürftige Berichte über Schäden
- 1590 Niederösterreich, Epizentrum Riederberg, Magnitude 5,8: schwere Zerstörungen auch in Wien, zeitgenössische Berichte über mehrere Todesopfer
- 1670 Tirol, Epizentrum Hall, Magnitude 5,2: Berichte über viele Obdachlose
- 1689 Tirol, Epizentrum Innsbruck, Magnitude 5,2: beim Einsturz eines Wirtshauses sterben in Innsbruck zehn Personen
- 1927 Niederösterreich, Epizentrum Schwadorf, Magnitude 5,2: in Schwadorf sämtliche Gebäude beschädigt, auch Nachbarorte betroffen.
Die älteste Nachricht stammt aus dem Jahr 1267. Für den 29. Oktober sind zwei Erdbeben in kurzer zeitlicher Abfolge belegt: Eines mitten in der Nacht, eine weiteres beim ersten Hahnenschrei. Für den 25. November ist ebenfalls ein Erdbeben, begleitet von Donner, Blitz und starkem Nebel belegt. Im Jahr 1443 gab es ein Erdbeben, dass unter anderem Beschädigungen an der Schottenkirche verursachte. Eine spätere Quelle berichtet über ein Erdbeben am 1. Juni 1485 (nach dem Einzug des Matthias Corvinus).
Durch das Erdbeben am 15./16. September 1590 (Epizentrum Neulengbach, Tullnerfeld, Niederösterreich) wurden der Stephansdom, die Michaelerkirche (Einsturz der Turmkrone), Jesuiten- und Schottenkirche sowie der Gasthof "Zur roten Sonne" (1, Rotenturmstraße) zum Teil schwer beschädigt; man schätzt die Stärke des Bebens aufgrund der vorliegenden zeitgenössischen Berichte auf eine Stärke von VII-VIII Seismische Intensitätsskale. 1734 hatte ein Erdbeben seinen Herd bei Baden-Gumpoldskirchen, am 27. Februar 1768 im Raum Bad Fischau-Brunn-Wiener Neustadt (Starkbeben mit Schäden in Wien), 1794 bei Leoben, Steiermark. Kleinere Erdbeben kennen wir aus den Jahren 1873 (Eichgraben), 1875 (östlich von Altlengbach) und 1876 (Scheibbs).
Weiter von Wien entfernt wurde am 1. Mai 1885 ein Erdbeben mit dem Epizentrum in Kindberg registriert. Das Erdbeben von 1895 ist als "Neulengbacher Beben" bekannt geblieben. 1907 gab es Erdbeben mit Herden in den Räumen von Admont und Kindberg. Im 20. Jahrhundert gab es Erdbeben in Kirchberg/Wechsel (22. Dezember 1920), Schwadorf, Niederösterreich (8. Oktober 1927, Starkbeben mit leichten Schäden in Wien), Ebreichsdorf, Niederösterreich (8. November 1938) und Puchberg am Schneeberg, Niederösterreich (18. September 1939). Nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Erdbeben am 16. April 1972 (Seebensteiner Starkbeben, Gebäudeschäden in Wien) und 15. April 1984 zu nennen. Am 11. Juli 2000 wurde Ostösterreich und damit auch Wien von einem Erdbeben betroffen, das eine Stärke von 4,8 auf der Richter-Skala erreichte.
Die Akademie der Wissenschaften gründete 1895 zur Erdbeben-Forschung eine "Erdbeben-Kommission", die Seismographische Stationen einrichtete (unter anderem 1902 in Wien). 1914 wurde die Wiener Station mit dem Erdbeben-Dienst und dem Erdbeben-Archiv der Meteorologischen Anstalt übergeben, die seither den Namen "Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik" führt. 1952 wurde die Geophysikalische Kommission der Akademie der Wissenschaften gegründet. (Quelle: wien.gv.at)
Hinweis:
Erdbebenberichte können online auf der ZAMG-Seite abgegeben werden
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