Ein Leben mit dem Berufsrisiko Alpintod: „Aber Bergführer ist ein erfüllender Job“

Mayrhofen-Grosser Löffler-Kees-Suchgebiet-Vermisste Bergsteiger gefunden-16.Juli 2013-fotocredit:zoom-tirol
Profi Stefan Wierer ortet Verniedlichung der Gesellschaft von den Gefahren in den Bergen.

Vor rund einer Woche stand Stefan Wierer, Obmann der Zillertaler Bergführer, am Grab eines Freundes und Berufskollegen. Günter M.(41) aus Finkenberg war am 10. Juli am Großen Löffler mehrere hundert Meter gemeinsam mit einem deutschen Urlauber in den Tod gestürzt. Es dauerte eine Woche, bis die Männer gefunden werden konnten. Ein ausgebrochener Felsblock dürfte sie in die Tiefe gerissen haben.

Ein Leben mit dem Berufsrisiko Alpintod: „Aber Bergführer ist ein erfüllender Job“
Stefan Wierer ist Chef der Zillertaler Bergführer. Er hat vergangene Woche einen Kollegen und Freund zu Grabe getragen. Der war am Großen Löffler mit einem Gast mehrere hundert Meter abgestürzt und erst nach einer Woche gefunden worden
„So ein Unfall ist ein mahnender Zeigefinger. Aber man darf sich nicht den Kopf zermartern. Bergführer ist ein erfüllender Beruf. Das war er auch für Günter“, sagt Wierer über sein Profession, die er seit 25 Jahren ausübt und in der die Möglichkeit eines tödlichen Unfalls trotz hohem Ausbildungsgrads nie ganz ausgeschlossen werden kann. M., der als erfahrener Alpinist galt, hinterlässt eine Frau und drei Kinder.

Besondere Familien

Wierer, selbst dreifacher Vater, weiß um die besondere Situation der Familien von Bergführern. „Frauen, die sich auf Beziehungen mit uns einlassen, sind schon Ausnahmepersönlichkeiten.“ Denn das würde nur funktionieren, wenn sie sich nicht bei jeder Tour ihres Mannes ängstigen. Den Kindern werde hingegen schon in der Erziehung mitgegeben, dass die Familie zusammenhalten muss, wenn der Vater eines Tages wirklich nicht mehr nach Hause kommen sollte, erklärt der 50-Jährige aus Stummerberg.

Der Absturz von M. reiht sich in eine ganze Serie von tödlichen Alpinunfällen der vergangen Wochen ein (siehe rechts). Viele davon haben laut Wierer ihre Ursache in den besonderen Verhältnissen der heurigen Saison. „Der Schnee ist um drei bis vier Wochen länger liegen geblieben.“ Die damit verbunden Gefahren wie etwa Stürze über Altschneefelder seien daher noch zu einer Zeit akut gewesen, als bereits viel in den Bergen los war.

Mitterer ortet aber auch einen besorgniserregenden Trend, der den Bergsport-Boom der vergangen fünf Jahre begleitet. „Die Gesellschaft neigt zur Verniedlichung der Gefahren in den Bergen. Früher ist man da hineingewachsen. Aber heute meinen viele, dass sie schon alles können, nur weil sie zwei gesunde Füße haben.“

Seit Wochen vergeht so gut wie kein Tag, an dem nicht jemand tödlich in den österreichischen Bergen verunglückt. Beim Kuratorium für alpine Sicherheit in Innsbruck wird seit Jahren jeder Alpinunfall akribisch festgehalten. Die Daten liefert unter anderem die Alpinpolizei. „Seit dem 1. Mai hat es beim Wandern, Klettern und bei Hochtouren bislang 32 Todesfälle gegeben“, berichtet Andreas Würtele, der Geschäftsführer des Vereins.

Die Zahlen wirken auf den ersten Blick dramatisch. „Aber im Vergleichszeitraum des Vorjahres gab es 42 Tote. Und im langjährigen Mittel sind es 44“, relativiert Würtele, gesteht aber auch ein, dass im ganzen Mai schlechtes Wetter herrschte. „Ob es sich um einen harmlosen oder unfallreichen Bergsommer handelt, kann man seriöser Weise erst im Herbst sagen.“
Denn je nach Wetter tummeln sich naturgemäß viele oder wenige Menschen in den Bergen. „Je mehr los ist, umso mehr passiert“, bringt es der Experte auf einen einfachen Nenner.

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