Das Todes-Drama vom Bergisel

Ena Kadic starb in der Nacht auf Dienstag.
Ex-Miss-Austria Ena Kadic verlor den Kampf um ihr Leben. Polizei untersucht Absturzstelle.

Deutsche Touristen wandern lachend mit ihren Kindern über den Panoramaweg am Bergisel. Auf der Aussichtsplattform "Drachenfels" riskieren sie einen Blick in die Tiefe, wo die Sill durch eine Schlucht nach Innsbruck fließt. Dass sich hier am Freitag ein tragisches Unglück ereignet hat, wissen die Sachsen nicht. Andere Urlauber machen Selfies, um eine Erinnerung an den spektakulären Blick zu haben.

Ein Ehepaar aus Innsbruck, dass mit seinen Enkeln unterwegs ist, hat zwar mitbekommen, dass Ex-Miss Austria Ena Kadic in der Nacht auf Montag in der Innsbrucker Uni-Klinik den Kampf um ihr Leben verloren hat: "Aber dass sie hier abgestürzt ist, haben wir nicht gewusst. Es ist tragisch, weil das so ein junges Mädchen war", sind sich Alfred Schäbel und sein Frau Christine einig. Unverständlich ist ihnen allerdings, wie sich die 26-Jährige auf das Geländer der Plattform setzen konnte.

Augenzeugen hatten gegenüber der Polizei berichtet, dass sie Kadic am Freitag um 12.32 Uhr auf der Brüstung hockend gesehen hatten. Die Ex-Miss soll sich dabei mit ihrem Handy beschäftigt haben. Um 13.12 Uhr ereignete sich der verhängnisvolle Sturz, der allerdings von niemandem beobachtet wurde. "Wir gehen nach wie vor von einem Unfallgeschehen aus", erklärte Ermittler Ernst Kranebitter am Dienstag.

Nach Gesprächen mit Verwandten und engen Freunden gäbe es keine Signale für einen möglichen Suizid."Es gibt auch keine Hinweise auf Fremdverschulden", sagte Kranebitter nach einer Obduktion am Dienstagvormittag. Ena Kadic sei an einem Polytrauma gestorben.

Fest steht, dass die Tirolerin am Freitag rund 40 Meter unterhalb der Aussichtsplattform Drachenfels gefunden wurde, nachdem sie noch selbst mit ihrem Handy ihren Bruder alarmieren konnte. Der Panoramaweg am Bergisel war die Laufstrecke von Kadic. Die Ermittler hielten es zunächst für möglich, dass Kadic unterhalb der Plattform im Wald unterwegs gewesen sein könnte und dort den Halt verloren hat. Doch laut Gerichtsmedizin hatte sich Kadic ihre schweren Verletzungen bei einem Sturz aus größer Höhe zugezogen.

Selfie-Theorie

Es scheint fraglich, ob jemals eindeutig geklärt werden kann, wie es zu dem Unglück kam. "Es gibt nur einen Augenzeugen: das Opfer", sagte Chefinspektor Kranebitter. Beim KURIER-Lokalaugenschein Dienstagmittag erkundeten erneut Polizisten das Gelände rund um die Unglücksstelle. Im Landeskriminalamt versuchten Experten indes nach wie vor, das Handy der 26-Jährigen auszuwerten. Das Kadic mit ihrem Smartphone hantiert hatte, nährte Spekulationen von einem Selfie-Unfall. Das mit Maschendraht gesicherte Geländer der Plattform reicht Erwachsenen bis zur Brust. Dass Kadic von der Konstruktion gerutscht sein könnte, erscheint unmöglich. Bleibt nur noch ein Sturz vom Geländer oder einer tiefer gelegenen Stelle im Wald.

Das Todes-Drama vom Bergisel
Lokalaugenschein an der Aussichtsplattform Drachenfels am Bergisel in Innsbruck. Unterhalb im steilen Gelände wurde am 16.10.2015 die ehemalige Miss Austria Ena Kadic schwer verletzt geborgen. In der Nacht auf den 20.10.2015 verstarb sie im Krankenhaus.

Die Nachricht vom Tod der ehemaligen Miss Austria ging am Dienstag um die Welt und löste große Bestürzung aus. "Wir trauern um Ena", sagte Anna Strießnig, Chefin jener Innsbrucker Innenstadt-Boutique, in der Kadic zuletzt gearbeitet hat. Ende 2014 hatte sich die Tirolerin, die 2013 zur Miss Austria gekürt wurde, aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. "Sie hätte alles mögliche machen können. Aber sie ist sehr stark in der Öffentlichkeit gestanden und wollte wieder ein normales Leben, mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen", erzählt Missen-Macherin Silvia Schachermayer, die sich tief bestürzt vom Tod "ihrer" ersten Miss zeigte.

Das Todes-Drama vom Bergisel
Lokalaugenschein an der Aussichtsplattform Drachenfels am Bergisel in Innsbruck. Unterhalb im steilen Gelände wurde am 16.10.2015 die ehemalige Miss Austria Ena Kadic schwer verletzt geborgen. In der Nacht auf den 20.10.2015 verstarb sie im Krankenhaus. Polizisten untersuchten noch einmal die Unglücksstelle.

Genug vom Rampenlicht

Die Ex-Miss, die im Alter von drei Jahren von Bosnien nach Österreich gekommen war, hatte letztlich kein Interesse mehr am Rampenlicht, wie auch Fotograf Heli Mayr, der nach wie vor Kontakt hielt, erzählt: "Sie wollte wieder Ena sein und hat viel Zeit in der Natur verbracht. Ihr Tod ist furchtbar."

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