Das stille Sterben der Schmetterlinge

Zwei Schmetterlinge der Sorte "Kleiner Fuchs" (Aglais urticae)
Die Zahl der Falter sinkt rapide. In Ostösterreich ist die Lage wegen immer mehr Monokulturen dramatisch.

Bienen haben eine Lobby: Da gibt es Imker, die bei Ausfällen aufschreien, und Naturschützer, die in den vergangenen Jahren nach mysteriösen Bienensterben immer wieder die Aufklärung der Ursachen eingefordert haben. Als Verursacher gelten unter anderem die in der Landwirtschaft verwendeten Neonicotionoide. Sich auf EU-Ebene gegen ein Verbot dieser Stoffe auszusprechen, hat 2013 den damaligen Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) massiv unter Beschuss gebracht.

Schmetterlinge sind nicht weniger gefährdet als Bienen, verkommen in der Diskussion aber oft zur Randnotiz. Dabei steht es um viele Arten alles andere als gut. Das zeigen etwa Zahlen aus Vorarlberg. Im vergangenen Jahrhundert sind dort 130 Arten ausgestorben. Zwar tummeln sich im Ländle immer noch rund 2300 Schmetterlingsarten. „Aber 38 Prozent gelten als gefährdet, in Tallagen sogar 43 Prozent“, sagt Biologe Klaus Zimmermann vom Naturmuseum Inatura in Dornbirn. Vorarlberg sei dabei aber noch eine Insel der Seligen. „Bei uns sind Schmetterlinge noch weniger bedroht als in Ostösterreich, wo riesige Ackerflächen mit Monokulturen bewachsen sind.“

Dramatische Lage

Schmetterlingsvielfalt ist auf Artenvielfalt bei den Pflanzen angewiesen. „Sehr viele Schmetterlinge sind Spezialisten, deren Raupen nur an einer einzelnen Pflanzenart fressen. Wird die ausgerottet, gibt es auch einen massiven Rückgang bei der jeweiligen Schmetterlingsart“, erklärt Zimmermann. Verheerende Auswirkungen in den östlichen Bundesländern ortet auch Peter Huemer vom Landesmuseum Innsbruck, der seit über 30 Jahren Falter im gesamten Alpenbogen erforscht: „Ich war gerade im Burgenland. Die Lage sieht vor allem für Wiesenfalter über große Landstriche zunehmend dramatisch aus. Stabile Populationen gefährdeter Arten sind zunehmend nur noch auf Naturschutzgebiete beschränkt. Und selbst ehemals häufige Arten sind in vielen Gebieten weitgehend verschwunden.“ Doch selbst in den bergigen Regionen Österreichs, wo dem Klischee nach die Blumenwiesen blühen, ist die Welt alles andere als heil: „Schmetterlinge haben generell dramatische Einbrüche erlitten“, sagt Huemer, von dem auch die Studie zur Lage in Vorarlberg stammt.

Es handle sich weniger um ein Artensterben, als um eine zum Teil massive Reduzierung von Populationen. „Einen Schwalbenschwanz zu sehen, ist heute oft schon ein Highlight. Vor 30 Jahren hätte man am selben Ort wahrscheinlich 50 Exemplare beobachten können“, sagt Huemer. Der Grund: „Wir haben keine Blumenwiesen mehr.“

Die ersten Einschnitte gab es bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren: Verbauung von Grünflächen und Intensivierung der Landwirtschaft, gepaart mit dem Einsatz von Pestiziden, haben den Schmetterlingen zugesetzt – vor allem in Tallagen. „Inzwischen gibt es in den Alpen die Tendenz, dass sich der Nutzungsdruck nach oben ausdehnt“, warnt Huemer. Dadurch sind bislang unbehelligte Arten in Gefahr. Selbst die Almwirtschaft, die als Erhalter von Wiesen gilt, sei nicht nur ideal: „Bei zu vielen Kühen kommt es zu Überdüngung“, erklärt der Experte. Und die für Schmetterlinge wichtige Blumenvielfalt ist auf mageren, ungedüngten Wiesen zu finden. Wie Bienen sind auch Falter wichtige Bestäuber. Sie scheinen jedoch still und heimlich zu verschwinden.

Kommentare