Cannabiszüchtern droht Lebenslang

Sechs Plantagen wurden angelegt
Staatsanwaltschaft wendet kaum benutzten Paragrafen für Drogen-Duo an, Anwalt kritisiert Vorgehen.

Es ist eine Premiere in Österreich. Zwei Cannabiszüchter könnten an der Seite von Mehrfachmördern und Gewalttätern für immer hinter Gitter landen. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt bedient sich bei ihrer Anklage eines bis dato kaum genutzten Paragrafen, der dafür geschaffen wurde, um beispielsweise internationale Drogenbosse für lange Zeit wegzusperren.Wer in Verbindung mit "einer größeren Zahl an Menschen" Drogengeschäfte begeht, dem drohen zehn bis zwanzig Jahre beziehungsweise lebenslange Haft. So steht es im Absatz Nr. 5 des Paragrafen 28a des Suchtmittelgesetzes."Ich vertrete schon mein ganzes Berufsleben lang Drogendealer vor Gericht. Und da waren große Fische dabei. Aber so etwas ist mir noch nicht untergekommen", erklärt der Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz. Der Jurist verteidigt den Hauptangeklagten Ungarn Csongor K. (38), der gemeinsam mit dem Serben Nenad D. (41) der Kopf der 13-köpfigen Bande sein soll. Beide sind in Österreich bislang unbescholten. Blaschitz: "Da haben ein paar Leute Cannabis-Pflänzchen im Hinterhof hochgezogen. Mit diesem Paragrafen kann man Drogenbosse im Stile eines Pablo Escobar anklagen."

Das nö. Landeskriminalamt hat den Fall Anfang des Jahres jedenfalls als großen Erfolg gefeiert. Wochenlang wurde ermittelt, wurden Telefone abgehört, verdächtige Fahrzeuge mit Peilsendern geortet und vieles mehr. In einer konzentrierten Aktion stürmten die Beamten annähernd gleichzeitig sechs Häuser in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark. Die angemieteten Gebäude waren zu Cannabis-Plantagen umgebaut worden. Die Polizei überraschte einige der Angeklagten bei der Ernte der Pflänzchen.

Manipuliert

An den Standorten konnten jeweils bis zu 850 Cannabis-Pflanzen gleichzeitig gezüchtet werden. Damit der riesige Energieverbrauch der Wärmelampen nicht auffiel, manipulierten die Verdächtigen laut Anklage die Stromleitungen. Mehr als 180.000 Euro an Stromkosten soll man sich dadurch erspart haben.

Laut Staatsanwalt wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren 350 Kilo Cannabis mit einem Straßenverkaufswert von 3,5 Millionen Euro in Umlauf gebracht.

Csongor K. gibt zu, eines der sechs Häuser in Matzendorf im Bezirk Wiener Neustadt mit seinem Komplizen angemietet zu haben. "Zu den anderen Angeklagten gab es keine Verbindung", meint Blaschitz. Er hält es daher auch für völlig überzogen, dass seinem Mandanten eine lebenslange Haftstrafe droht. Wegen des Strafmaßes muss der Prozess sogar von einem Geschworenengericht in Wiener Neustadt entschieden werden. Er beginnt Mitte August und ist für sechs Verhandlungstage anberaumt.

Bei der Drogenfahndung im Landeskriminalamt Niederösterreich hofft man, dass die deftige Anklage abschreckende Wirkung auf künftige Drogendealer haben könnte. "Zumindest könnte sich das in der serbischen Community herumsprechen. Mit der hatten wir leider in den vergangenen Jahren immer wieder etwas zu tun", sagt ein Ermittler.

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