Bauern suchen ihr Heil in der Bio-Schiene

Biobauern seit 1990: Cilli und Alois Deinhofer.
Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln steigt weiter. Mehr als 1900 Bauern stellen ihren Betrieb um.

„Nach einer schweren Krankheit habe ich die Ernährung auf Bio umgestellt. Ich kaufe schon seit 25 Jahren so ein.“ Liselotte Birgl und ihr Mann sind Stammkunden im Hofladen des Bio-Betriebes Lutz bei Wieselburg in Niederösterreich. Das Pensionistenehepaar freut sich, dass am Trend zu gesunden, regional produzierten Lebensmitteln auch immer mehr Junge teilhaben. Und die Bauern reagieren auf den Bio-Boom. Mehr als 1900 neue Betriebe, so viele wie noch nie, haben sich zum Jahreswechsel zur „Biologischen Wirtschaftsweise“ beim Landwirtschaftsministerium angemeldet.

Bauern suchen ihr Heil in der Bio-Schiene
Bio-Bauer und Händler roland Lutz
Spezialisiert auf Wurzelgemüse und Brotgetreide, das auf 65 Hektar angebaut wird, gehört der Betrieb des 32-jährigen Robert Lutz zu den Bio-Größen in Österreich. Neben der Landwirtschaft wird im Produktions- und Handelsbetrieb mit 25 Beschäftigten geschältes und vorgekochtes Gemüse für Spitäler, Kuranstalten und Großküchen produziert. In Kühlhallen werden Karotten, Pastinaken, Sellerie oder Kraut und Kartoffeln bis in den Frühsommer frisch gehalten. „Die Nachfrage nimmt zu“, sagt Lutz.

„Chemische Unkrautvernichter müssen durch Handarbeit und die Hilfe mechanischer Jätmaschinen ersetzt werden. Das Produzieren ist ungleich mühsamer als in der konventionellen Landwirtschaft“, berichtet Lutz, der Landwirt und Unternehmer mit abgeschlossenem Wirtschaftsstudium ist. Dass Jät- und Hackmaschinen für die Feldarbeit nur nach langer Wartezeit zu bekommen sind, wertet er als Indiz für die Bio-Dynamik.

Zuwachs

Genau verfolgt wird der Trend beim Verband Bio Austria, bei dem 12.500 der 21.000 österreichischen Biobauern Mitglied sind. Klar sei , dass jetzt viele auf Bio umstellen, weil im konventionellen Bereich die Preise für Milch und Fleisch im Keller sind. Der Zuwachs an Betrieben und Bio-Flächen sei sehr willkommen. „Wichtig ist, dass sich das Bewusstsein der Bauern so entwickeln, dass sie im Bio-Segment bleiben und Stabilität garantieren“, sagt Bio Austria-Obfrau Gertraud Grabmann.

Aktueller Umsteiger ist Andreas Klingbacher. Seit 1. November ist seine Milchwirtschaft in St. Radegund, Graz-Umgebung, ein Bio-Betrieb. „Wir haben die Vorgaben für Bio eh schon vorher zu 99 Prozent erfüllt. Das eine Prozent schaffen wir auch noch.“

Umstellphase

Bevor der 43-Jährige die Milch als Bio-Lebensmittel verkaufen darf, vergehen noch zwei Jahre. So lange braucht es von der Meldung und Umstellung bis zur offiziellen Anerkennung. Klingbacher hofft dann auf bessere Einnahmen. 27 Cent pro Kilogramm Milch erhält er derzeit von der Molkerei. „Das ist frustrierend. Manchmal hab’ ich das Gefühl, dass uns Handel und Molkereien nur zum Fotografieren brauchen, aber den Großteil der Milch nehmen sie von Großen.“

Biomilch bringt zwölf Cent mehr pro Kilo, wenn sie ihm eine Molkerei auch als Bio abnimmt. Denn so einfach ist das nicht: „Sie muss extra abgefüllt und abgeholt werden.“

Doch ein bisschen mehr Geld sei nicht der einzige Grund für die Neuausrichtung, beteuert Klingbacher. „Kühe sollen Gras und Heu fressen, auf der Weide sein. Bei uns sind sie monatelang draußen. Da kommt dann die Milch aus Gras und nicht aus Kraftfutter.“ Die zehn Milchkühe im Stall will er bald auf 16 aufstocken.

„Richtig froh“ ist Alois Deinhofer aus Amstetten, NÖ, dass er und Ehefrau Cilli den Betrieb schon 1990 auf Bio ausgerichtet haben. Von damals rund 20 Höfen im Stadtviertel Allersdorf ist Deinhofer als Einziger übrig geblieben. Die Milch der Kühe bekommen die Kälber. Flaggschiff des 35-Hektar-Betriebs ist der Hofladen. Hier sind neun Sorten Brot vom eigenen Getreide der Hit. „Die Kundschaft wird immer jünger. Wer sich gesund ernährt, passt auch auf, welche Kosmetik er auf die Haut gibt“, erkärt Deinhofer. Deshalb gibt’s im Bio-Laden auch Schminke und Haarfärbemittel.

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