Alle drei Minuten verunglückt ein Kind

Alle drei Minuten verunglückt ein Kind
Kindersicherheit: Österreich EU-weit nur an zehnter Stelle. Experten fordern Präventionsprogramm.

Die Szenen gehen unter die Haut. Ein Bub greift nach einem Topf mit kochendem Wasser. Schnitt. Die Sirene eines Rettungswagens heult. Szenenwechsel: Ein Vater erzählt, wie sein Sohn am Schulweg von einem Auto erfasst wird und nun den Rest seines Lebens auf Hilfe angewiesen ist.

„Wie sicher sind Österreichs Kinder?“ – diese Frage stellten am Freitag Experten auf Einladung des österreichischen Versicherungsverbandes (VVO). Mit dem vorgeführten Film wollte man zeigen, dass es sich nicht nur um trockene Zahlen, sondern um Schicksale handelt. 164.000 Kinder verunfallten zwischen 2010 und 2012 im Jahresdurchschnitt. Alle drei Minuten passierte einem Kind ein Unfall, 28 Unfälle endeten im Vorjahr tödlich.

Aufholbedarf

EU-weit rangiert Österreich damit an zehnter Stelle. Unbestritten war deshalb am Podium, dass genügend Spielraum für Verbesserungen vorhanden ist. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV), sagte angelehnt an die gestellte Frage: „Österreichs Kinder könnten viel sicherer leben.“

Rund 100.000 Unfälle wären jährlich laut Thann vermeidbar. Das KFV untersuchte eingehend Unfallursache und -ort. Drei Viertel der Unfälle (125.000) ereignen sich zu Hause und in der Freizeit, ein Viertel in der Schule, und „nur“ zwei Prozent im Straßenverkehr, wo allerdings die höchstes Todesrate zu verzeichnen ist. Im Vorjahr waren es zehn.

Thann, Peter Thirring vom VVO sowie Peter Vavken, Generaldirektor der AUVA, forderten deshalb ein „nationales Präventionsprogramm“. Entscheidend sei es, sich Ziele zu setzen. Thann: „Unsere Vision lautet, in fünf bis zehn Jahren keine getöteten Kinder mehr zu haben.“

Große Erfolge mit kleinen Mitteln

Mit kleinen Mitteln könnten große Erfolge erzielt werden, erklärte Vavken. Es brauche „akkordierte Aktionen auf nationaler Ebene“. Die AUVA setzt mit ihrer Präventionsarbeit bei den Kleinsten an. Vavken stellte ein Buch für Kindergartenkinder vor. Damit könnten diese spielerisch ein Sicherheitsempfinden erlernen.

Bei Eltern sollte das Bewusstsein auf zweifache Weise geschärft werden. Sie müssten Vorbilder sein und Sicherheitstipps beherzigen. Ein Beispiel: Wer ein Kleinkind im Haushalt hat, sollte auf einer der hinteren Herdplatten kochen.

Alle drei Minuten verunglückt ein Kind

Im Vorjahr sind in Österreich zwischen Oktober und Dezember im Schnitt jeden Tag sechs Kinder bei Verkehrsunfällen verletzt worden, wie eine aktuelle Auswertung von Datenmaterial der Statistik Austria durch den Verkehrsclub Österreich (VCÖ) zeigt. Der VCÖ forderte am Freitag in einer Aussendung verstärkte Tempo-Kontrollen, mehr Gehwege entlang von Freilandstraßen sowie mehr Tempo 30 und verkehrsberuhigte Zonen im Ortsgebiet.

Die dunkle Jahreszeit erhöht das Unfallrisiko für die Kleinsten im Straßenverkehr. 2012 sind zwischen Oktober und Dezember 584 Kinder bei Verkehrsunfällen in Österreich verletzt worden. Ein Kind wurde von einem Lkw niedergefahren und getötet. Insgesamt verunglückten rund 40 Prozent der Kinder mitfahrend im Pkw.

Am Schulweg wurden im Vorjahr in der dunklen Jahreszeit 183 Kinder - und damit jedes dritte verunglückte Kind - bei Verkehrsunfällen verletzt. Der VCÖ rief Autofahrer zu erhöhter Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme auf. "Bei schlechter Sicht ist das Tempo zu verringern und die volle Konzentration aufs Autolenken zu richten. Wer beim Autolenken telefoniert, reagiert ähnlich schlecht und langsam wie ein Alkolenker mit 0,8 Promille", machte Bettina Urbanek vom VCÖ aufmerksam.

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