"Wir waren noch nie auf Urlaub"

Veronika Pomberger und Franz Gamsjäger vor ihrer Hütte auf der Niederalm
Das Paar Veronika Pomberger und Franz Gamsjäger bewirtschaftet die Hoch- und Niederalm in Gosau.

Veronika Pomberger und ihr Mann Franz Gamsjäger (61) führen in Gosau eine Landwirtschaft mit 15 Hektar Wiesen, dazu kommen 30 Hektar an Almen, die Marxenalmen, die sich auf die Nieder- und Hochalm aufteilen. Sie wurden mit Unterstützung des Landes und der Bundesforste erneuert.

KURIER: Was bedeutet die Alm für Sie?

Franz Gamsjäger: Einen beruhigenden Ausgleich. Wenn es in meinem früheren Beruf stressig war, bin ich auf die Alm, weil ich mich da entspannen konnte. Der wirtschaftliche Faktor ist auch wichtig, weil wir sonst die Tiere nicht in dem Ausmaß ernähren könnten.

Wie viele Tiere haben Sie?

Zwischen 18 und 20 Rinder, drei Noriker-Pferde und 15 Schafe. Es sind sieben Mutterkühe mit ihrem Nachwuchs. Die Kälber werden 18 bis 20 Monate gehalten, dann gehen sie zur Schlachtung. Außer jenen, die wir für die eigene Nachzucht benötigen.

Wie viel Fläche haben Sie unten im Tal?

Wir haben 15 Hektar Grünland zum Bewirtschaften. Die Alm ist 30 Hektar groß und setzt sich aus der Hoch- und Niederalm zusammen. Die Niederalm hat 12 bis 13 Hektar, davon sind sechs Hektar reine Weide, wo alles niedergehackt und reine Wiese ist.

Die Hochalm hat 18 Hektar, wovon zehn Hektar reine Weide sind.

Bei der Niederalm haben Sie auf rund 1000 Metern Seehöhe eine Almhütte gebaut. Wie viel haben Sie da investiert?

140.000 Euro. Dazu kommen 2400 Arbeitsstunden, die wir selbst geleistet haben.

Wann werden die Kühe auf die Alm getrieben?

Mitte Mai kommen sie auf die Niederalm. Da sind sie zwei bis drei Wochen. Dann kommen sie auf die Hochalm, die rund 200 Meter höher liegt. Auf die Niederalm kommen dann die männlichen Tiere.

Wie hat sich die Alm entwickelt?

Die Alm war ursprünglich größer und hauptsächlich Wald. Eigentümer sind die Bundesforste, bis auf die Almhütte (ca. 2500 Quadratmeter). Die ursprünglichen, urkundlichen Weiderechte von 1867 waren 220 Hektar groß. Davon waren aber der Großteil Steilflächen, wo die Tiere sowieso nie hinfgekommen sind. Ich habe mich dann zur Wald-Weide-Trennung entschlossen und habe die 30 Hektar der Hoch- und Niederalm eingezäunt. Von den verbliebenen 190 Hektar habe ich die Bundesforste entlastet, die damit machen können, was sie wollen. Hier ist keine Weidebelastung mehr drauf.

Was bedeutet die Alm wirtschaftlich für Sie?

Sie ist enorm, denn ohne Alm könnte man so eine Kleinstlandwirtschaft nicht mehr betreiben, weil wir den Futterbedarf zu Hause nicht mehr decken könnten. Sobald es Anfang April aper wird bis zum Almfahren Mitte Mai brauche ich schon ein Drittel meiner Fläche als Weidekoppel. Wenn die Tiere den ganzen Sommer zu Hause wären, hätte ich keine Wiesen zum Heuen. Mit der Alm kann ich mit 15 Hektar Grünland 20 Tiere halten. Während die Tiere auf der Alm sind, kann ich das Futter daheim heuen, damit ich im Winter meinen Heuvorrat habe.

Die Qualität des Futters auf der Alm ist eine ganz andere als im Tal.

Sie ist eine andere. Daheim werden die Wiesen gedüngt. Das ist auf der Alm verboten. Dadurch ist der Aufwuchs nicht so hoch wie daheim. Auf der Alm ist aufgrund der Höhenlage und des rauen Klimas eine ganz andere Vegetation. Es wachsen ganz andere Pflanzen.

Das sieht man an meinen Almflächen. Sie sind mit der Steinfräse gefräst (zerkleinert die Steine) und eingesät worden. Im ersten und zweiten Jahr wächst fast dasselbe Futter wie im Tal. Die nicht standorttreuen Pflanzen verschwinden aber dann, denn sie halten den Frost nicht aus. Die natürliche Vegetation setzt sich schließlich durch.

Sie haben Mutterkuhhaltung, die Kälber werden mit 20 Monaten geschlachtet.

Ich schaue immer, dass die Kälber im Februar und März auf die Welt kommen. Über den Sommer sind sie auf der Alm und über den Winter im Stall. Jeden zweiten Tag lasse ich sie in den Schnee, wo sie herumlaufen können. Dann gehen sie im Mai wieder auf die Alm, im Herbst werden sie geschlachtet.

Wir haben eine Schlachtgemeinschaft gegründet, die sich aus zehn Bauern aus Gosau zusammensetzt. Die Tiere werden im Schlachthof, der rund 500 Meter von meinem Hof weit weg ist, stressfrei geschlachtet, das Fleisch wird vermarktet.

Sie erhalten aufgrund der höheren Qualität auch einen besseren Preis?

Wir erhalten einen besseren Preis. Wir wollen die Vermarktung noch ausbauen.

Ist es Bio-Fleisch?

Ich bin zwar Bio-Bauer, die anderen aber nicht. Es ist aber kaum ein Unterschied, denn die Haltung ist dieselbe. Ich muss Bio-Kraftfutter zukaufen, denn die Stiere erhalten die letzten drei Monate Maisschrot. Bio-Maisschrot kostet rund das Doppelte vom üblichen, aber es fällt nicht so ins Gewicht, weil ich nicht so viel benötige. Dafür ist die EU-Förderung bei Bio-Grünland fast das Doppelte.

Ihre Weiden auf der Alm sind eingezäunt.

Ich mache jede Saison viereinhalb Kilometer Weidezaun. Das dauert zwei Tage, denn ich brauche ihn nur an den Pfählen einhängen. Früher musste ich nach den Tieren suchen. Da konnte es passieren, dass ich sie einen ganzen Tag nicht gefunden habe. Die Absturzgefahr für die Tiere fällt auch weg. Für mich ist das eine enorme Zeitersparnis.

Sie haben drei Kinder, Ihr Sohn will den Betrieb übernehmen?

Wahrscheinlich im Nebenerwerb, außer er zieht das Ganze so auf wie mein Nachbar Alois Hubner, der die Rossalm bewirtschaftet und ausschenkt. Dann wäre es auch lebensfähig. Oder er vermietet die Hütte an einen Dauermieter. Ich bin nicht für die Gastwirtschaft, ich habe dazu den Nerv nicht mehr. Wenn meine Frau, die den Betrieb führt, in zwei Jahren in Pension geht, wird an die Jugend übergeben.

Mein Bua will weitertun, ich sehe, dass er begeistert bei der Sache ist und dass es ihn freut.

Im Winter liegt auf der Hochalm 2,20 Meter Schnee.

Im heurigen Winter nicht, aber im Normalfall schon mindestens.

Kommen Sie im Winter auf die Alm?

Schon, ich gehe mit den Skiern rauf. Ich schaue nach, was los ist, denn es kann etwas beschädigt sein. Gleichzeitig macht man eine Skitour.

Man muss eine Liebe zu Ihrem Beruf haben?

Man muss eine Liebe zu den Tieren haben, eine Liebe zur Landschaft und zur Landwirtschaft haben. Denn sonst tut man sich das nicht an. Man muss da hineingeboren sein. Man ist wirklich 365 Tage im Jahr angehängt. Meine Lebensgefährtin und ich waren noch nie im Urlaub. Wir machen vielleicht einen kleinen Ausflug, aber wir waren noch nie in einem Flieger drinnen. Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen.

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