Politik hat kaum Einfluss auf Märkte

Max Hiegelsberger, Andrä Rupprechter, Josef Ertl (Moderation), Helmut Brunner, Walter Heidl, Jakob Auer und Professor Michael Schmitz (v.l.).
Beim Milchpreis soll es nach dem Tief wieder aufwärts gehen.

Die Bauern sind in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Der Milchpreis ist um 25 Prozent auf 27 Cent gefallen, die Schweinepreise sind im Keller, die Dürre hat die Ernte beeinträchtigt. Die EU-Kommission hat als Reaktion ein Hilfspaket von 500 Millionen Euro beschlossen, die ersten Auszahlungen soll es noch vor Weihnachten geben. Dennoch meinten die Experten bei der Bayerisch-Österreichischen Strategietagung, die Donnerstag und Freitag im innviertlerischen Geinberg stattfand, die Politik solle aufhören so zu tun, als habe sie die Märkte und damit die Preise im Griff. Die Tagung wurde vom österreichischen und bayerischen Landwirtschaftsministerium veranstaltet.

China schwächelt

"Wir müssen aufhören zu glauben, dass die Politik die Märkte regeln kann" sagte Christian Schramm, Leiter des Milcheinkaufs von Zott. Das bayerische Molkereiunternehmen macht 950 Millionen Euro Umsatz, verarbeitet 975 Millionen Kilogramm gentechnikfreie Milch, beschäftigt 2200 Mitarbeiter und liefert 60 Prozent des Umsatzes in weltweit 75 Länder. Der Milchpreis sei deshalb so tief, so Schramm, weil eine Marktsättigung eingetreten sei, die zusammengetroffen sei mit dem Importverbot von Russland und einem drastischen Rückgang des Exports nach China. "Wir haben im Mai um 54 Prozent weniger Vollmilch nach China geliefert." 2014 betrugen die Milchimporte des Reichs der Mitte noch 1,4 Millionen Tonnen.

Nein zu Milchquote

Michael Schmitz, Leiter der Professur für Agrar- und Entwicklungspolitik der Universität Gießen, äußerte sich ähnlich wie Schramm. Nicht die Abschaffung der Milchquote durch die EU und das Verhalten der Discounter sei schuld am niedrigen Milchpreis, sondern der starke Dollar, die Angebotsausweitung großer Erzeugerländer, eine Nachfrageschwäche und der Nachfrageausfall in Russland und China. "Finger weg von einer Mengenregulierung", sagte Schmitz, "dadurch steigt der Preis nicht. Das geht nur bei regulierten Märkten." Er verstreute auch Optimismus. Die Bodenbildung bei Milch sei vorüber, es gehe wieder leicht aufwärts.

Spannend und abwechslungsreich war auch die politische Diskussion mit den Ministern Andrä Rupprechter (Österreich), Helmut Brunner (Bayern), den Bauernpräsidenten Jakob Auer (Ö) und Walter Heidl (Bayern) und Landesrat Max Hiegelsberger. Rupprechter forderte die Normalisierung des Verhältnisses zu Russland. Die Situation sei für manche Bauern existenzbedrohend. Die Landwirtschaft müsse sich sowohl um den heimischen Absatz als auch um den Export bemühen. Eine einprozentige Steigerung beim Inlandsabsatz bedeute 100 Millionen Euro mehr Wertschöpfung und 1000 Arbeitsplätze mehr. Er kündigte an, die Gentechnikfreiheit in der Verfassung verankern zu wollen.

Staatsminister Helmut Brunner meinte, Bayern und Österreich hätten dieselben Interessen. Beide Länder setzten auf den bäuerlichen Familienbetrieb, beide Länder würden Produkte um rund neun Milliarden Euro exportieren. "Unser Tun in der Agrarwirtschaft wird stärker beobachtet und hinterfragt. Wir werden versuchen die Verbraucherwünsche zu erfüllen, auch wenn das bei Vegetariern und Veganern nicht immer der Fall sein wird." Er rede nicht der Massenproduktion das Wort, sondern der Qualität. Wenn man überschaubare Einheiten fordere, dürfe man nicht immer nach den Sonderangeboten wühlen. Brunner rief zu Optimismus auf.

NGO-Kampagnen

Jakob Auer klagte über die Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGO), die das Ziel hätten, die Landwirtschaft zu schädigen. Die Wahrheit sei vielmehr, dass die Bauern noch nie so umwelt- und tierfreundlich und nachhaltig gewirtschaftet hätten wie heute. Es sei daher völlig unverständlich, dass die Bauern an den öffentlichen Pranger gestellt würden.

Schramm (Zott) stellte die Frage, wer auf die professionellen Werbekampagnen der Nichtregierungsorganisationen antworte. Die Agrarindustrie werbe lediglich für den Absatz ihrer eigenen Marken. Hier gibt es offensichtlich eine Informations- und Kommunikationslücke, die von den landwirtschaftlichen Vertretungen bisher nicht geschlossen wurde.

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