Kaffee und Kuchen im Begegnungscafé

Die Kinder im Begegnungscafé.
Die Flüchtlinge im Ennstalerhof in OÖ erlitten teilweise schwere Schicksale.

Das Handy läutet, Bürgermeister Leopold Bürscher ist dran. Er entschuldigt sich, dass er zum vereinbarten Termin 15 Minuten zu spät kommt. Wie sich dann herausstellt, war er mit einem Asylbewerber im 80 Kilometer entfernten Linz, um ihn für das Erstgespräch für die Asylbehörde vorzubereiten.

Die 1500 Einwohner zählende Gemeinde im oberösterreichischen Ennstal am Rande des Nationalparks Kalkalpen hat die rund 50 Flüchtlinge, die seit 26. November 2014 im ehemaligen Hotel Ennstalerhof einquartiert sind, in vorbildlicher Weise integriert. Sieben Arbeitsgruppen aus 55 Freiwilligen kümmern sich gezielt um die neuen Mitbürger. So hat zum Beispiel das Ehepaar Leitner ihr ehemaliges Raumausstattungsgeschäft für ein Begegnungscafé zur Verfügung gestellt. Dort treffen sich die Einheimischen jeden Dienstag (16-18 Uhr) und Donnerstag (9-11 Uhr) mit den Neuankömmlingen zu Kaffee und Kuchen. Die Kinder spielen, es werden Lebensmittel verteilt, die die Supermärkte kostenlos zur Verfügung stellen.

Gut erhaltende Second-Hand-Kleidung wird ebenfalls verschenkt. Pensionierte Lehrer geben Deutschunterricht. Wenn etwas für die Flüchtlinge gebraucht wird, ersucht Pfarrer Thomas Mazur nach der Sonntagsmesse die Gläubigen, zu Hause nachzusehen, ob das Benötigte da ist.

"Einige Flüchtlinge haben sehr schwere Schicksale", erzählt Bürgermeister Bürscher. Ein 39-jähriger Syrer ist zuerst mit seiner Frau und den fünf Kindern in die Türkei geflüchtet. Mit der Hilfe eines Schleppers, dem er mehrere tausend Euro bezahlt hat, hat er es per Schlauchboot nach Griechenland geschafft, von wo es in einem kleinen Kastenwagen, in den er 43 Stunden eingepfercht war, bis nach Österreich ging. Als seiner Frau das Geld ausging, ist sie von der Türkei nach Syrien zurück. Dort wurde sie gefesselt und verschleppt. Er fürchtet, dass sie zu Tode gefoltert worden ist. Das belastete ihn so sehr, dass er zehn Tage zur Behandlung ins Spital musste.

Dass die Flüchtlinge, die nun im ehemaligen Ennstalerhof einquartiert sind, so positiv aufgenommen wurden, ist auf das vorbildliche Verhalten der Meinungsbildner (Bürgermeister, Pfarrer, Arzt, Amtsleiterin, Bank-Filialleiter etc.) zurückzuführen. Als am 24. November 2014 die Bürger in einer Versammlung informiert wurden, meldeten sich sofort 30 Freiwillige zur Unterstützung. Zwei Jahre zuvor war das Unterbringungsprojekt noch am Widerstand lokaler Anrainer gescheitert.

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