Franz Josef wollte Krieg

Rauchensteiner vor einem Bild von Kaiser Franz Josef und Kaiserin Sisi.
Der Historiker Manfried Rauchensteiner über die Juli-Krise 1914.

Wir sind immer noch Betroffene. Unser Land wäre nicht das Land, in dem wir heute leben. Wir hätten andere Nachbarn. War es zwingend, dass es nach dem Ersten Weltkrieg den Zweiten Weltkrieg gegeben hat?" Manfried Rauchensteiner (72), ehemaliger Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien und mit seinem 1200-seitigen Buch Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburger Monarchie (Böhlau-Verlag, 45 Euro) der Spezialist für die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", referierte Freitagabend im Stadtmuseum Bad Ischl über die Juli-Krise 1914.

Der Mord an Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajewo habe die Stellung von Kaiser Franz Josef gestärkt, sagte er vor dem mit 150 Zuhörern vollbesetzen Saal. Die Nebenregierung des Thronfolgers sei weggefallen, Conrad von Hötzendorf habe als oberster militärischer Befehlshaber auf seinem Posten bleiben können. Denn es war geplant, dass er ein halbes Jahr später als Generalstabschef hätte abgelöst werden sollen. "Der Kaiser wollte keine Nebenregierung mehr, Franz Josef versuchte es noch einmal mit einer absolutistischen Rückwende." Er habe viele Audienzen durchgeführt, sie seien immer kürzer und eigenartiger geworden. "Er führte nur Vier-Augen-Gespräche, es wurden darüber keine Protokolle geführt. Die Besucher sind hinausgegangen, jeder hat gewusst, was er zu tun hatte."

Rauchensteiner meint, dass es Franz Josef einen Tag nach dem Attentat auf Franz Ferdinand am 29. Juni auf der Rückfahrt von Ischl nach Wien mit dem Zug klar geworden sei, dass ein Krieg gegen Serbien notwendig sei. Das habe er am 2. Juli auch an den deutschen Kaiser geschrieben, Serbien sei nicht anders beizukommen. Den großen Krieg habe er aber nicht gewollt.

Innerhalb von 72 Stunden habe sich der Krieg gegen Serbien zum Ersten Weltkrieg entwickelt. Der Verantwortlichen könne er an einer Hand abzählen, meinte Rauchensteiner. Dazu gehörten Kaiser Franz Josef, der russische Zar, die militärische Führung Deutschlands unter Generalstabschef Helmuth Moltke und der französische Staatspräsident Raymond Poincaré.

Nach seiner Abreise von Ischl am 30. Juli 1914 habe Franz Josef in Wien sehr zurückgezogen gelebt. Er sei um 3 Uhr Früh aufgestanden, die Audienzen begannen um sieben Uhr. Die meisten Besucher waren Militärs. Am 21. November 1916 starb er.

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