Schüler protestieren: "Man fühlt sich schon verarscht"

Das „Schulbataillon“ in Wiener Neustadt soll eingespart werden – lediglich zwei Jahre Schonfrist will das Ministerium gewähren.
Schüler aus ganz Österreich bangen um die Zukunft in Wiener Neustadt. Sie wollen Antworten.

Am Eingang sitzt der Charge vom Tag. Es riecht nach Speisesaal und Patschenpflicht. Die Gänge sind grau, die Klassen dunkel – herber Kasernen-Charme. Das Militärrealgymnasium im niederösterreichischen Wiener Neustadt ist keine allzu einladende Schule. Und trotzdem kämpfen die Zöglinge seit Monaten verbissen für ihren Erhalt. Warum? "Es lohnt sich einfach", meint der 15-jährige Matthias Moritsch aus dem Kärntner Wolfsberg.

Im Oktober hatte Verteidigungsminister Gerald Klug verkündet, dass das Oberstufen-Realgymnasium in zwei Jahren geschlossen wird. Glück für die Schüler der siebenten und achten Klasse: Sie können an der Schule maturieren; Pech für jene der Fünften uns Sechsten.

Zwar steht fest, dass auch sie im Klassenverband maturieren dürfen, wo ist aber weiter offen. "Gegenstand von Verhandlungen", heißt es dazu von Ressortsprecher Michael Bauer. Jedenfalls nicht im MilRG: Das Heer braucht Schul- und Internatsgebäude in zwei Jahren. Auch die vormilitärische Ausbildung und der Sportschwerpunkt – Alleinstellungsmerkmale der Schule – werden gestrichen.

Verunsicherung

"Man fühlt sich schon verarscht", meint die 16-jährige Valentina Koller aus Krieglach im steirischen Mürztal. Wie die anderen Schüler der fünften und sechsten Klassen hat sie an diesem Nachmittag frei. Lernzeit – und Zeit, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. "Ich habe schon überlegt, einfach hinzuschmeißen und ab Herbst in eine andere Schule zu gehen." Problem: Gymnasien mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt sowie Russisch als Hauptfach sind halt selten.

Die Verunsicherung unter Eltern und Schülern ist groß: Erst wurde die Schließung verkündet, dann die Rettung. Und dann, dass die Sache mit der Rettung doch nicht ganz so gemeint war. Im Ministerium sieht man die Aufklärungspflicht bei Direktor Werner Sulzgruber. "Worüber? Ich bekomme ja selbst widersprüchliche Informationen", meint der.

97 betroffene Schüler

Vorarlberger gibt es derzeit keinen – sonst sind in der Schule alle Bundesländer vertreten: 97 Schüler sind es in den betroffenen Jahrgängen. "Auf der Airpower in Zeltweg wurde die Schule bei einem Stand beworben", erzählt die 16-jährige Elena Raffler, wie sie aufs MilRG aufmerksam wurde. "Man kann doch nicht Leute anwerben und ihnen dann sagen, dass sie die Schule nicht fertig machen können."

Dass sie im Klassenverband maturieren können, ist für die Schüler ein schwacher Trost. Ein "normales" Gymnasium hätte sie ja auch nicht nach Wiener Neustadt gelockt. "Dann ist Aufhören und eine andere Schule suchen die einzige Option", meint auch Sebastian Netzberger, 15 Jahre, aus Wartberg in der Steiermark.

Die Räumlichkeiten der Schule braucht das Heer übrigens, um sich die Renovierung einer Offiziersunterkunft zu sparen. Mehrere Millionen soll das laut einer parlamentarischen Anfrage-Beantwortung von Minister Klug bringen (der KURIER berichtete).

Eine Offizierslaufbahn war auch das Ziel der Zöglinge Moritsch, Koller, Raffler und Netzberger. "Aber", meint Valentina Koller, "das wird wohl nix, wenn’s mit dem Heer weiter so bergab geht."

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