Headquarter-Frage wird jetzt zum heißen Eisen

Auffassungsunterschiede bei der Strategie zu Betriebsansiedlungen
Land und Industrie wollen die Ansiedlung von Unternehmen unterschiedlich angehen.

Der Vorschlag hat hohe Wellen geschlagen. Die Wirtschaftskammer preschte mit der Idee vor, Unternehmen sollten ihre Zentralen in Wien, die Produktion aber in Niederösterreich ansiedeln. Im KURIER hat Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav diesem Vorschlag eine klare Absage erteilt. Jetzt legt die Industrie nach.

"Wir haben das Asset, eine internationale Großstadt zu umschließen und wollen das nicht nützen?" – Thomas Salzer, Obmann der Sparte Industrie in der WKNÖ kann das nicht verstehen. "Wir haben unzählige Beispiele von namhaften Unternehmen, die den Produktions- und Forschungsstandort in Niederösterreich haben, das viel kleinere Headquarter aber in Wien." Bei der Ansiedlung von Unternehmen solle dieses Modell stärker berücksichtigt werden. "Ideal wäre natürlich, Zentrale und Produktion in Niederösterreich zu haben, aber internationalen Firmen sollte man die getrennte Variante zumindest anbieten", sagt Salzer.

Die Wirtschaftslandesrätin hält dagegen: "Ich halte absolut nichts davon, Headquarters und Produktionen aufzuteilen. Wir wissen ganz genau, dass sich Produktionen sehr schnell anderswohin verlagern lassen, wo es dann billiger wird. Das möchte ich mit Sicherheit ausschließen", sagt Bohuslav.

Kürzlich attestierte Kammer-Chefin Sonja Zwazl zur Zukunft des Produktionsstandortes NÖ: "Wir büßen schleichend an Wettbewerbsfähigkeit ein." Eine bessere wirtschaftliche Vernetzung des ostösterreichischen Ballungsraumes könne helfen. "Beispiele aus Deutschland und Italien zeigen, dass jene Ballungsräume, die kooperieren, international erfolgreicher sind und gleichzeitig enorme Arbeitsplatzeffekte erzielen", sagt Salzer.

Vienna Region

"Wo es Sinn macht, zum Beispiel in der Vienna Region (überregionale Plattform der Länder Wien, NÖ und Burgenland, Anm.), treten wir gemeinsam auf. Da geht es um die große internationale Vermarktung", kontert Petra Bohuslav. Ebenso gebe es länderübergreifende Wirtschaftskooperationen mit Oberösterreich. "Wir schauen also durchaus über die Grenzen. Aber den gesunden Wettbewerb um Firmenansiedlungen mit Wien möchte ich nicht missen."

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