Ein Klimt im Wohnzimmer, zwei Bugattis in der Garage

Werner Gradisch kennt jeden Winkel seiner Bugattis. Der auf dem Foto ist Baujahr 1927 und fährt 172 km/h.
Schiele-Erbe Werner Gradisch hat eine Liebe für die Kunst. Aber seine Leidenschaft gilt den Autos.

Im Wohnzimmer von Werner Gradisch (68) hängt kein Schiele. Dafür ein Klimt. Gustav Klimt hatte die Zeichnung einst Egon Schiele geschenkt. Heute ist das Kunstwerk laut Gradisch das einzige, das die Signaturen beider Künstler trägt.

Werner Gradisch ist der Großneffe von Egon Schieles Schwester Melanie und der "letzte Zeitzeuge der Familie Schiele", wie er sagt. Seit 1993 lebt er mit seiner Frau Margit und seinem Sohn Ralph-Maria in einem Haus in Tulln (NÖ). Die Stadt hatte ihm das Grundstück damals geschenkt, damit die Nachkommen der Familie Schiele auch künftig in Tulln wohnhaft bleiben. Doch so gut das Verhältnis mit der Stadt damals war, so schlecht ist es heute. Wie berichtet, trägt Gradisch zurzeit einen kuriosen Konflikt mit der Gemeinde aus, weil ihn die wegen eines ausständigen Rauchfangkehrer-Gutachtens anzeigte. Gradisch hatte seine Therme umgebaut und – als Sachverständiger für Energietechnik – die Dichtheitsprobe selbst gemacht. Weil die Stadt auf das Gutachten besteht, hat Gradisch dem Tullner Schiele-Museum seine Leihgaben entzogen. Schiele gehöre nach Tulln, sagt Gradisch, aber wenn seine Sammlung anderswo in NÖ ausgestellt würde, wäre ihm das auch recht. Werner Gradisch ist einer, der es genau nimmt. Seine Meinung vertritt er vehement. Aber er ist auch einer, der sich den schönen Dingen des Lebens hingibt.

Der Vater, der Despot

Ein Klimt im Wohnzimmer, zwei Bugattis in der Garage
honorarfrei. "Edith Schiele mit Schnürschuh" Graphik, 1917,
Gradischs Haus ist voll von Kunst, die Wände sind voller Bilder. "Mehr als hundert werden es schon sein", sagt er. Im Stiegenhaus hängt ein Aquarell von Schieles Schwester Melanie.

Die Privatsammlung haben Gradisch und sein Bruder vom Vater geerbt. Nur den Pflichtteil, das Verhältnis zum Vater war nicht das beste. "Er war ein Despot", sagt Gradisch. Mit 16 ist er von Zuhause ausgezogen. Die zweite Frau seines Vaters, Eva, wurde als Universalerbin eingesetzt. Als sie und der Bruder starben, gingen deren Teile an Werner Gradisch über. Seither vertrete er das familiäre Erbe mit "voller Verantwortung". Nie habe er ein Exemplar verkauft. "Allerdings musste Eva Gradisch vier Werke an die Stadt Tulln verkaufen, damit sie sich ihren Anwalt leisten konnte", sagt Gradisch. Der 68-Jährige hat eine Liebe für die Kunst. Aber seine Leidenschaft gilt den Autos. Nicht den "Oldtimern" übrigens. Das Wort sei Nonsens. "Im Englischen gibt es das gar nicht."

Der studierte Maschinenbauingenieur ist auch Präsident des Österreichischen Bugatti-Clubs. In seiner Garage, dem "Herrschaftsbereich von Werner", wie auf einem Schild an der Eingangstür zu lesen ist, stehen zwei Exemplare, Baujahr 1927. Gradisch weiß alles über den "guten Ettore Bugatti", den Konstrukteur dieser Autos. Dass zwei "selbst ernannte Bugatti-Zampanons" bezweifeln, dass einer seiner Bugattis ein 100-Prozentiges-Original ist, kümmert ihn nicht. "Das ist die Neidgesellschaft", sagt Gradisch nur. Er schreibt jetzt ein Buch über sein Auto, das mittlerweile achte über Bugatti.

Im Streit mit der Stadt Tulln will Gradisch nicht klein beigeben. Wenn man keine Lösung finde, gehe er eben zur Staatsanwaltschaft.

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