Ausbrecherkönig zieht Lebensbilanz

Adolf Schandl: Der ehemalige Ausbrecherkönig vor der Justizanstalt Stein
Erinnerungen von Adolf Schandl, der 35 Jahre hinter Gittern verbrachte, in Buchform festgehalten.

Nur wenige Schritte vom Tor der Justizanstalt Stein entfernt, hatte Donnerstagabend einer ihrer bekanntesten ehemaligen Insassen seinen großen Auftritt. Vor rund 80 Interessierten las "Ausbrecherkönig" Adolf Schandl, 78, im Literaturhaus NÖ aus seinem Buch "Jail.Break. Nur nicht im Gefängnis sterben" (Proverbis Verlag). Im Mittelpunkt standen der berühmte Ausbruch aus der im Gangsterjargon "Felsen" genannten Anstalt. Sowie das Bekenntnis von Schandl, viele Menschen verletzt und traumatisiert zu haben.

Schandl, der unter anderem wegen mehrerer Banküberfälle 35 Jahre Haft verbüßt hat, wurde vor drei Jahren vorzeitig entlassen. "Fünf Gutachten waren dafür nötig", erzählt er. Und dass er dankbar für jeden Moment in Freiheit sei und "hier stehen zu können".

Mit einem Richter und dessen Sekretärin als Geisel hatten Schandl und zwei Komplizen 1971 die Flucht in einem Gefangenen-Transportfahrzeug erpresst. Dass dabei niemand körperlich zu Schaden kam, dafür ist Schandl auch heute noch dem ehemaligen Kremser Polizeichef Herbert Howanietz dankbar.

Dramatisch

Der hatte sich als Geisel gegen die Sekretärin austauschen lassen und zwei übereifrige Polizisten mit Maschinenpistolen zurück gepfiffen. Beim ersten Schuss hätte es ein Blutbad gegeben. Howanietz wäre gern zur Präsentation gekommen, war aber aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage.

In Wien beendete Polizeipräsident Josef Holaubek die Flucht von Schandls Komplizen mit den berühmten Worten: "Kumm außa. I bin’s, der Präsident." Schandl selbst wurde erst später gefasst. In Graz-Karlau scheiterte später ein weiterer Ausbruchsversuch.

Schandl las Ausschnitte aus seinem Buch, das nach seinen extra angefertigten Tonbandaufzeichnungen verfasst wurde. Vieles berichtete Schandl aber aus der Erinnerung. "Als Kind habe ich die Bombenangriffe auf Wien erlebt und noch heute davon Schlafstörungen. Ich sage das nicht, um Mitleid zu bekommen, sondern um zu zeigen, dass ich verstehe, was ich vielen Menschen angetan habe. Ich hoffe nur, sie können mir vergeben", sagte Schandl. Schicksalsschläge wie der Tod von Schwiegermutter und Mutter hätten ihn aus der Bahn geworfen. Er sei Alkohol und Spielsucht verfallen gewesen und verstehe, dass ihn seine Frau verlassen habe. Sein größter Trost: Dass ihm die Tochter vergeben habe.

Im zweiten Teil des Abends setzte sich Maximilian Edelbacher, ehemaliger Leiter des Wiener Sicherheitsbüros, zu Schandl auf das Podium. Er bescheinigte Schandl, viel an sich gearbeitet zu haben. Beide Pensionisten sprechen inzwischen vor zukünftigen Spezialisten – im Rahmen deren Ausbildung. "Die jungen Kriminalisten sind gut in der Technik, aber bei Gespräch und Vernehmung, oje. Das haben wir noch von alten Kieberern gelernt", klagte Edelbacher.

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