Zu später Freispruch für Präsidenten

Noch-Landtagspräsident Steier ist "dankbar"
SPÖ-Landtagspräsident stand wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht, seinen Job verlor er schon vorher.

Dieses Urteil kommt zu spät: Am Freitag wurde der burgenländische Noch-Landtagspräsident Gerhard Steier im Landesgericht Eisenstadt "im Zweifel" vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen, sein Job ist dennoch weg. Denn SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl hatte sich wohl auch mit Blick auf den Prozess schon vor knapp zwei Wochen gegen eine weitere Periode des 58-jährigen Nordburgenländers an der Spitze des Landesparlaments entschieden – Steier wird dem neuen Landtag nur noch als einfacher Abgeordneter angehören.

Dass sich der SPÖ-Politiker vor einem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Birgit Falb verantworten musste, hat mit der Scheinanmeldung einer ungarischen Familie im Jahr 2009 in Siegendorf zu tun, wo Steier vor seiner Zeit als Landtagspräsident rund 15 Jahre Bürgermeister gewesen ist. Ein Apotheker aus dem nur wenige Kilometer entfernten Sopron wollte zunächst seinen Sohn und wenige Monate später auch seine beiden Töchter im Burgenland in die Volksschule schicken und bekam vom Amtsleiter die Auskunft, dass er dafür eine Nebenwohnsitz-Meldung in Siegendorf bräuchte.

Quartier auf Papier

Als "Quartier auf dem Papier" diente eine leer stehende Gemeindewohnung, für die der Ungar aber weder einen Mietvertrag noch die Schlüssel erhielt; er zahlte auch keinen einzigen Cent Miete. Er habe damals geglaubt, das sei rechtens, rechtfertigte sich der Amtsleiter vor Gericht. Bürgermeister Steier habe er seine Rechtsmeinung mitgeteilt und der habe auf dieser Grundlage sein Okay gegeben. Steier beteuerte, er könne sich an dieses Gespräch nicht erinnern, schloss aber auch nicht aus, dass es so gewesen sein könnte. Dass die vier ungarischen Staatsbürger aber nie dort wohnen würden, "war allen Beteiligten von vorneherein klar", schloss Staatsanwalt Roland Koch.

Während Steier und eine Gemeindebedienstete, die für die Eintragung der Daten ins Melderegister zuständig war, freigesprochen wurden (nicht rechtskräftig; der Staatsanwalt erhob Nichtigkeitsbeschwerde), fasste der Amtsleiter wegen Amtsmissbrauchs (§ 302 StGB) eine bedingte Freiheitsstrafe von fünf Monaten und 3600 Euro Geldbuße aus. Er erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Das Verfahren gegen eine weitere, für das Meldewesen zuständige Gemeindemitarbeiterin wurde ausgeschieden und vertagt.

Ob er weiter Landtagspräsident wäre, wenn der Prozess vor einem Monat stattgefunden hätte? Steier: "Darüber will ich nicht mutmaßen, jetzt bin ich nur sehr dankbar".

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