Eine Grenzerfahrung für die Justiz

267 Schlepper wurden im Vorjahr im Burgenland aus dem Verkehr gezogen
Burgenland.2470 Fälle von Schlepperei wurden 2015 verzeichnet / Ein Viertel landete in Eisenstadt vor Gericht.

2015 wird für die Staatsanwaltschaft Eisenstadt in die Annalen eingehen. "Es war ein interessantes Jahr", formuliert es der Leiter der Anklagebehörde, Johann Fuchs. Die Zahlen belegen den enormen Arbeitsaufwand, den er und sein Team zu leisten hatten. Vorwiegend hatten es die Ankläger mit Schlepperkriminalität zu tun.

2470 Akte von Schlepperei wurden im Vorjahr österreichweit verzeichnet, sagt Fuchs. Etwa ein Viertel (603) davon landete allein bei der Staatsanwaltschaft im Burgenland. Angezeigt wurden laut Innenministerium im Vorjahr österreichweit 1090 mutmaßliche Schlepper, das ist im Vergleich zu 2014 fast doppelt so viel. Zum Vergleich: 2014 wurden insgesamt 511 mutmaßliche Schlepper erwischt. Die Zahl der geschleppten Personen hat sich von 20.768 (2014) auf 71.029 (2015) mehr als verdreifacht.

867 der verdächtigen Schlepper wurden im Vorjahr bundesweit in die Justizanstalten eingeliefert. Rund ein Drittel von ihnen, exakt waren es 317 Personen, landeten in der Justizanstalt Eisenstadt. Der Grund für die hohen Zahlen im Burgenland liege zum einen in der geografischen Lage mit den Grenzen zum Osten. "Aber auch alle Fälle mit Grenzübertritt im Burgenland, die eine Einreise nach Österreich zum Zweck hatten, werden auch im Burgenland bearbeitet", erklärt der oberste Ankläger.

Das bedeutet, dass ein Schlepper, der im Burgenland einreist und in Wien oder Niederösterreich erwischt wird, in die Zuständigkeit des Einreise-Bundeslandes fällt. Hat der Schlepper hingegen die burgenländische Grenze zum Zweck der Durchreise passiert, liege die Zuständigkeit für die Bearbeitung dieses Deliktes an sämtlichen Orten entlang der Route.

267 Schlepper gingen allein der burgenländischen Polizei im Vorjahr ins Netz. "Die meisten Aufgriffe hatten wir im August und September", sagt Polizeisprecher Helmut Marban. 83 Schlepper wurden allein im September gefasst. "Der spektakulärste Fall war wohl jener mit den 71 Flüchtlingen, die in einem Kühltransporter über die Grenze gebracht wurden und gestorben sind." Im Dezember und auch im Jänner habe es keine Aufgriffe von Schleppern gegeben, sagt Marban, obwohl die Polizei gemeinsam mit dem Bundesheer immer wieder Grenzkontrollen durchgeführt hat. Jetzt, nach Beendigung des Assistenzeinsatzes, werden die Grenzkontrollen von der Polizei vorerst bis Mitte Februar weitergeführt.

Schöffengericht

Im Herbst fanden am Landesgericht Eisenstadt fast im Akkord Schlepper-Prozesse statt. In 64 Fällen waren die Vorwürfe gegen die Angeklagten so schwerwiegend, dass auch ein Schöffensenat einberufen wurde.

"Jetzt sind wir in einer fortgeschrittenen Phase der Aufarbeitung", gibt sich Fuchs zuversichtlich.

Auch in der Justizanstalt in Eisenstadt haben sich die Gefängniszellen wieder etwas geleert, wie der Leiter der Justizanstalt, Oberst Günther Wolf, auf KURIER-Anfrage erklärt. Bei 45 der derzeit 110 Insassen handle es sich um mutmaßliche Schlepper. "Wir sind von einer Überbelegung mit 241 Prozent jetzt bereits fast wieder zu einer normalen Belegung zurückgekehrt", sagt Wolf.

Ob sich die Schlepperakten auf den Schreibtischen der Staatsanwaltschaft im Lauf des heurigen Jahres wieder stapeln werden, das wagt Fuchs noch nicht vorauszusagen. "Fest steht aber, dass die Schlepperei ja grundsätzlich ein attraktives Geschäftsfeld ist."

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