Zwei unter einem Dach

Zweifamilienhaus im 19. Bezirk von Feitzinger Architekten: Die äußere Gestaltung ist von einem Bücherstapel inspiriert.
In Wien Döbling macht seit Kurzem ein modernes Zweifamilienhaus, dessen Baukörper sich luftig und hell in den Wiener Himmel stapeln, von sich reden.

Einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul – in diesem Fall aber schon: Zwei Brüder haben von ihrem Vater ein Grundstück im 19. Wiener Gemeindebezirk geschenkt bekommen. Der Haken an der Sache: Eine Auflage, die vorschrieb, dass beide mit ihren vierköpfigen Familien hier wohnen sollten. Nach einer Architektin mussten die Bauherren jedenfalls nicht lange suchen: Adele Hoffer-Feitzinger ist mit einem der Brüder verheiratet. Naheliegend also, sie mit der Bebauung des 550 Quadratmeter großen Hanggrundstücks zu beauftragen.

Zwei unter einem Dach
Werknutzungsbewilligung für Feitzinger Architekten ZT KEG, 1130 Wien
Zwei Jahre feilte die Achitektin an ihrem und dem Haus ihres Schwagers: Knapp 300 Quadratmeter Nettowohnfläche sind auf drei Geschoßen entstanden. Hoffer-Feitzinger: "Es ist schwierig, für sich selbst zu bauen. Es gibt so viele Möglichkeiten, man kann sich nicht entscheiden. Allein schon das Grundkonzept war eine große Herausforderung."
Den Impuls zur Umsetzung fand sie schließlich in ihrem Hobby: "Ich lese sehr gerne und hatte Zuhause einen Bücherstapel stehen. Der hat mich dazu inspiriert, das Haus in Form eines Stapels zu bauen", sagt Hoffer-Feitzinger. Das Besondere dabei: Das Gebäude verfügt über keine Rückansicht – jede Seite des skulpturalen Entwurfs wurde gleich behandelt. Großzügige Gaupen und horizontal angeordnete Erker sorgen für interessante Vor- und Rücksprünge in der Fassade.
Zwei unter einem Dach
Werknutzungsbewilligung für Feitzinger Architekten ZT KEG, 1130 Wien
Raffinesse steckt auch in den Details: So verfügt das Haus statt herkömmlicher Fenster über Glasflächen, die sich über die gesamte Raumhöhe und -länge erstrecken und das Innere mit Licht durchfluten. "Das ist ähnlich wie bei einer Theaterbühne: Eine Wand ist immer offen. Durch die versetzten Baukörper wird der Blick von jedem Raum in eine andere Richtung nach draußen ins Grüne gelenkt", schildert die Bauherrin.
Zwei unter einem Dach
Werknutzungsbewilligung für Feitzinger Architekten ZT KEG, 1130 Wien
Außenjalousien und Markisen wehren nicht nur fremde Blicke ab, sondern beschatten und halten die Räume im Sommer kühl. Auch die Möglichkeit zum Querlüften war den Familien wichtig. Hoffer-Feitzinger: "Obwohl das Haus über viele offene Flächen Richtung Süden verfügt, ist keine Klimaanlage notwendig."
Im Inneren weist das Haus übrigens eine weitere Besonderheit auf: "Wir haben eine Raumhöhe von 3,40 Metern, schwarzen Stahl, Sichtbetonwände und Fischgrätparkett gewählt – eine Kombination, die unsere Liebe zu Wiener Altbauwohnungen und New Yorker-Lofts zum Ausdruck bringt."

Adele Hoffer-Feitzinger ist seit Abschluss ihres Studiums an der technischen Universität Wien und an der University of Michigan als selbstständige Architektin tätig und realisiert diverse Bauprojekte wie etwa Einfamilienhäuser, Bürogebäude oder Shoppingcenter. Inspiriert durch den Bau ihres eigenen Hauses gründete sie die Webseite „Einfamilienhaus-Architektur“, wo sie einen in Zusammenarbeit mit einem Professor der Universität Graz erstellten Persönlichkeitstest anbietet. Er soll potenziellen Bauherrn helfen, festzustellen, welche Architektur-Typen sie sind.

www.einfamilienhaus-architektur.at

Kommentare