Wohnen in Nachbars Garten

Wohnen in Nachbars Garten
Großzügig wohnen im Grünen: Caramel Architekten fanden eine zeitgemäße Lösung für die Bedürfnisse einer Familie und haben bewiesen, dass Nachverdichtung im verbauten Siedlungsgebiet möglich ist.

"Einen möglichst großen Wohnbereich" wünschte sich der Bauherr für sein neues Zuhause in Niederösterreich. Das Domizil sollte auf einem knapp über 400 Quadratmeter großen Gartengrundstück inmitten eines Baublocks entstehen. "Die Bauordnung erlaubte, diese Fläche zu nutzen. Das schuf die Möglichkeit, Parzellen zu teilen um die Gartenflächen nachzuverdichten", sagt Günther Litzlbauer von Caramel Architekten. Die Auftraggeber hatten Glück: Ein Nachbar, dem der Garten zu groß geworden war, bot ein Stück zum Kauf an. Der darauf entstandene Baukörper bietet der Familie nun auf gut 200 Quadratmeter Wohnfläche Platz zum Leben.

Um seine Bauherren so gut wie möglich vom Grundwasser (das sich aufgrund der Nähe zur Donau nur zwei Meter unter dem Gelände befand) abzuschirmen, war schnell klar, möglichst hoch zu bauen. Auf einen Keller verzichtete Litzlbauer daher komplett: "Meiner Meinung nach macht es wenig Sinn, Geld zu vergraben." Ein Blick in die Bauordnung brachte schließlich Klarheit: "Anstatt den durchlässigen Boden auszuheben, haben wir die zulässige Bebauungshöhe von acht Metern bis zum Maximum ausgenutzt und ein drittes Stockwerk oben aufgebaut."

Wohnen in Nachbars Garten
Dieser Raum wird multifunktional genutzt – als Gästezimmer, Rückzugsbereich oder Hobbyraum. Von der angrenzenden Terrasse, dem buchstäblichen Höhepunkt des Hauses, öffnet sich ein herrlicher Blick hoch über die Dächer der Nachbarhäuser. Das Familienleben spielt sich indes in den beiden unteren Etagen ab: Wohnen und kochen sind ebenerdig, schlafen und relaxen im oberen Geschoß untergekommen.

Das Projekt überzeugt nicht nur durch seinen geschickten Umgang mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen, sondern auch mit seinen ästhetischen Lösungen. "Der Familie schwebte ein ausgedehnter Wohnraum mit offener Küche vor", sagt Litzlbauer. Außerdem hatte sie sich großzügige Verglasungen und einen Außenpool gewünscht. Litzlbauer hat dazu ein Materialkonzept erarbeitet, das Gegensätzliches kombiniert: Grauer Beton, weiße Wände und warme Eiche.

Wohnen in Nachbars Garten
Die roh belassene Sichtbetondecke im Erdgeschoß geht nahtlos ins Freie über und verlängert den Wohnraum nach draußen. Für farbliche Akzente sorgt die Natur: Um diese nach innen zu holen, ist der Wohnbereich zum Garten hin vollflächig und raumhoch verglast.

Auf den konstruktiven Betonsockel folgt eine Holzleichtbauweise in den Obergeschoßen. Der erste Stock ragt über der Wohnebene mit vorgelagerten Balkonen aus und scheint regelrecht darüber zu schweben. Dagegen ist die dritte Etage als zurückversetzte Box vom Garten aus kaum wahrnehmbar. "So konnten wir weitgehend ohne Stützen bauen", sagt der Planer.

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Das Konstruktionsmaterial findet sich auch an der Fassade – in Form einer vertikalen Verlattung – wieder. Sie ist teilweise auch als natürlicher Sonnen- und Sichtschutz über der Fixverglasung angebracht. Weil der Bau viele Vor- und Rücksprünge aufweist und Naturholz unterschiedlich verwittert, hat Litzlbauer das Tannenholz quasi imprägniert: "Wir haben eine vorvergraute Lasur verwendet, die in zehn Jahren der natürlichen Vergrauung entsprechen soll. Es gibt noch keine Erfahrungswerte, weil das Produkt noch relativ neu ist. Aber wir haben bei diesem Projekt ein gutes Ergebnis damit erzielt: Die drei Volumen wirken homogener, das Haus erhält eine gleichmäßige Patina – und der Bauherr eine wartungsfreie Fassade."

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