Wohnen für Singles und Patchwork-Familien
Zimmer, Küche, Kabinett. Das war einmal. "Heute gibt es so viele Formen von Lebensgemeinschaften. Darauf muss man auch bei der Planung von Wohnhausanlagen und Grundrissen reagieren", sagt Architektin Sabine Pollak. "Es gibt immer mehr Singles. Für sie ist es wichtig, dass es Gemeinschaftsräume gibt, damit im Haus Kommunikation und Begegnung möglich ist. Auch die Nachfrage nach Wohnungen mit einem Zimmer für Betreuungspersonal steigt."
Ein bunter Wohnungsmix entsteht auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Waagner-Biro in Wien-Donaustadt. Bis 2014 soll hier ein neuer Stadtteil für alle Generationen errichtet werden. 169 geförderte Mietwohnungen werden von der GESIBA gebaut: Die einzelnen Einheiten können - zum Beispiel für Seniorenwohngemeinschaften - auch gekoppelt werden. Ebenfalls zur "Oase 22" gehört ein Projekt des Bauträgers ÖSW. Unter dem Motto "Time Out - Aktives Wohnen" setzt man hier auf ein freizeitorientiertes Konzept: Das Flachdach wird zur Laufstrecke, Teile der Fassade werden zur Outdoor-Kletterwand.
Dass man auch verschiedene Wohnungstypen in einer Anlage vereinen kann, beweist die Wohnbaugesellschaft BUWOG mit ihrem Beitrag zur "Oase 22". Architektin Pollak hat das Haus mit dem Büro "Koeb&Pollak_Schmoeger" geplant. Neben den klassischen Familien-Domizilen wird es hier Wohnungen für Singles, Alleinerziehende und Patchwork-Familien geben, außerdem barrierefreie Wohnungen und Apartments mit einem Zimmer für Pflegepersonal.
"Wir planen eine Art Wohngemeinschaft für Alleinerziehende", sagt BUWOG-Geschäftsführer Gerhard Schuster. Rund um einen Gemeinschaftsbereich sind drei kleine Wohneinheiten mit eigenem Bad und eigener Kochnische angesiedelt. Derzeit verhandelt die BUWOG mit der Caritas. "Als soziale Einrichtung könnte die Caritas nämlich auch kurzfristige Mietverträge als Übergangslösung für frisch Geschiedene anbieten", erklärt Schuster.
Die Patchwork-Wohnungen sind eigentlich zwei getrennte Apartments mit einem gemeinsamen Raum in der Mitte. Wenn sich Eltern scheiden lassen und eine gemeinsame Obsorge für das Kind haben, muss es in vielen Fällen zwischen zwei Unterkünften pendeln. "In den Patchwork-Wohnungen können die Ex-Partner in zwei getrennten Objekten wohnen. Das Kind hat von seinem Zimmer aus Zugang zu beiden Wohnungen", erklärt Schuster. Bei Bedarf kann das Zimmer auf einer Seite geschlossen und so eine Wohnung leicht abgetrennt werden.
Mediatorin und Anwältin Anna-Maria Freiberger findet die Idee spannend: "Es geht schließlich darum, dass die Kinder nicht leiden und mit beiden Elternteilen den Alltag verbringen können. Voraussetzung ist Friede in der getrennten Paarbeziehung der Eltern. Ist das Verhältnis zwischen den Erwachsenen nicht gut geklärt, so ist ein Konflikt bei Kleinigkeiten wie der Frage, wer für die Ordnung im Kinderzimmer zuständig ist, vorprogrammiert."
Damit mietrechtlich alles seine Richtigkeit hat, müssen sich die Familien entscheiden, welcher Wohnung das Zimmer zugeordnet werden soll. "Zieht einer aus, hat der verbleibende Partner eine Art Vor-Mietrecht an der zweiten Wohnung. Auch das Eintrittsrecht von Kindern aus Patchwork-Familien wird vertraglich abgesichert", verspricht Schuster.
Wie gut das Angebot angenommen wird, weiß noch niemand. "Es gibt bis jetzt kaum Erfahrungen mit solchen Wohnformen", sagt Pollak. "Es könnten auch befreundete Familien oder Geschwister mit ihren Familien hier einziehen und das Zimmer als gemeinsamen Wohnraum oder Büro nützen."
Die Lebensumstände ändern sich heute viel schneller als früher. "Es ist daher wichtig, dass Grundrisse flexibel und die Zimmer neutral sind - man also jeden Raum genauso als Elternschlafzimmer wie als Kinderzimmer oder Büro nutzen kann", sagt Pollak. Bei größeren Wohnungen muss man einen Teil leicht abtrennen können. Hier müssen aber alle Anschlüsse vorhanden sein, damit man die Mini-Wohnung vermieten, einem erwachsenen Kind, der Oma oder Pflegepersonal zur Verfügung stellen kann.
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