Was tun mit einem alten Haus, das die aktuellen Wohnbedürfnisse nicht mehr erfüllt? Abreißen und neu bauen – oder sanieren und an die aktuellen Wohnstandards anpassen? Vor dieser Frage stehen viele Einfamilienhausbesitzer. Die Bandbreite an Möglichkeiten ist groß und reicht von der Erhaltung alter
Bausubstanz bis hin zu architektonisch anspruchsvollen Um- und Zubauten. Das kann eine Aufstockung durch eine weitere Etage sein, der Anbau eines Gebäudeteils oder die Erweiterung mittels Verbindungsgang.
In vielen Fällen geht es um Häuser der 60er-Jahre, die kleinteilig, dunkel und heute nicht mehr zeitgemäß sind. Ein
Umbau bringt zeitgemäßen Wohnstandard, Großzügigkeit und technischen Komfort – aber auch besondere Herausforderungen mit sich.
„Um das Gesamtkonzept der Bauten nicht zu zerstören, müssen Neuerungen intelligent um die bestehende Struktur herum verbessert werden“, weiß Innenarchitekt
Heinz Glatzl von Mayr & Glatzl Innenarchitektur. Gerade technische Erneuerungen, wie Fußbodenheizungen, elektrische Leitungen und aktuelle Lüftungsanforderungen sind knifflig. „In vielen Fällen weichen wir über den Keller aus“, so Glatzl. Das betreffe auch Abfluss und Installationspunkte, die neu bedacht werden müssen.
Abgesehen von technischen Feinheiten sollen auch Raumstrukturen modernen Standards entsprechen. „Die Küche beispielsweise war in den 1960er-Jahren ein geschlossener, eher versteckter Raum. Das ist heute nicht mehr so“, erklärt Glatzl. Das Kochen werde heute zelebriert und das benötige Platz. „Um den Raum zu vergrößern, werden Wände herausgerissen und mit Wohnzimmer und Speisebereich vereint“, so der Innenarchitekt.
Prinzipiell geht es aber darum, die bestehende Struktur, so gut es geht, zu erhalten. Neuerungen werden dann entweder versteckt – oder als modernen Kontrast dem Alten entgegengesetzt.
Ganz andere Herausforderungen bestehen, wenn Gebäudeteile unter Denkmalschutz stehen. „Hier ist viel Fingerspitzengefühl der Behörden gefragt“, erklärt Architekt
Michael Heim. Neue Absturzhöhen bei Stiegengeländern und andere Brandschutzanforderungen wie breitere Fluchtwege oder -türen seien zwar nachvollziehbar, in der Praxis aber nicht so einfach umzusetzen. Zumal sich die Vorgaben des Bundesdenkmalamts und der Bauordnung häufig wiedersprechen. In diesen Situationen sind Architekten gefordert, kreativ zu sein.
Wir zeigen anhand von sechs Projekten, wie alter Bausubstanz neues, großzügiges Leben eingehaucht werden kann.
Eine fünfköpfige Familie hat einen 150 Jahre alten
Stadel in Neustift im Stubaital vor dem Abriss bewahrt. Im Sinne der Nachhaltigkeit und auch um Geld zu sparen, kauften die Bauherren den Stadel, um ihn sorgfältig auseinanderzunehmen und 800 Meter entfernt wieder aufzubauen.
„Sogar die Dachziegel haben wir wieder verwendet“, so Robert Pfurtscheller von Madritsch Pfurtscheller Architekten. Das gesamte Einfamilienhaus hat dadurch 230.000 Euro gekostet.
Das 1930 errichtete, kleinteilige Holzhaus (Bild u.) wurde vom Architekturbüro Gaupenraub + – an die heutigen Bedürfnisse der Bewohner angepasst. „Wichtig war uns, das Ursprungshaus in seinem Erscheinungsbild durch den geplanten Zubau nicht zu einem Anhängsel zu degradieren“, betonen die Architekten.
Der Zubau erfolgte im Hang vor dem Haus und wurde an das Kellergeschoß angebunden. Mehr Platz wurde auch durch den Dachausbau geschaffen. Die Freiflächen vor dem Haus wurde so umgestaltet, dass sie besser nutzbar sind.
Das 1980 erbaute Haus (Bild u.) wurde von junger & beer architektur zt in ein zeitgemäßes, an den Stand der Technik angepasstes Zweifamilienhaus umgestaltet. Das Gebäude wurde entkernt, das Satteldach entfernt und durch ein neues Obergeschoß ersetzt.
Die Haustechnik wurde erneuert und mit Bussystem, Fotovoltaik, 3000 l Pufferspeicher und hochwertiger Dämmung auf Niedrigenergiestandard mit hohem Automationskomfort gebracht, betonen die Architekten. Die vorgehängte Fassade rundet das Erscheinungsbild ab.
Vier Geschwister erbten ein 400 Jahre altes Wohnhaus in Feldkirch, das teilweise unter Denkmalschutz steht. „Die Kultur der vergangenen Jahrhunderte von Barock bis Jugendstil ist an dem Bau abzulesen“, erklärt Michael Heim vom Architekturbüro heim und müller.
Fensterrahmen, das Stiegenhaus aus Holz und die Bretterdielen in Fußböden und Decken blieben erhalten. Dafür mussten die Architekten
teilweise kreativ werden: „Um eine Schwingtüre weiter- hin verwenden zu können, ließen wir sie offen stehen und haben dahinter eine
Brandschutztür eingesetzt.“
Durch die bestehende Öffnung der ehemaligen Dachverglasung wurde eine Treppe in den neu geschaffenen Wohnraum auf dem Dach geführt. Der erweiterte Raum bietet auch Außenbereiche.„Der kleine Bungalow in Wien-Mauer ist über sich hinaus gewachsen.
Durch die bestehende Öffnung seines ehemaligen Dachoberlichtes dockt sich nun eine Wohnraumerweiterung in die oberer Ebene an“, betonen Caramel Architekten.
Das 100 Jahre alte Haus mit Gewölbekeller in der Südsteiermark wurde in den 60er-Jahren um ein Wohngeschoß erweitert. Dann stand das Haus lange leer. Nun soll es als Alterssitz für die Eigentümer dienen.
Dazu wurde es von Architektin Ursula Tinnacher erweitert: Der Haus wurde bis auf den Gewölbekeller abgetragen, darüber entstand ein neuer Kubus. An die Ostseite schließt ein flacher Baukörper an, der bewusst einen Kontrast bietet. „Er versteckt sich nicht“, so Tinnacher.
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