"Stiegen vergrößern den Wohnraum"

Der gebürtige Kroate Zoran Bodrožić arbeitet in Wien als selbstständiger Architekt.
Zoran Bodrožić ist seit 2005 selbstständiger Architekt in Wien. Er widmet sich vorrangig dem Bau von Villen und Wohnhäusern sowie der Errichtung von Gebäuden für Kunst, Wellness und Tourismus.

Warum sollte man Stiegen vermehrt Aufmerksamkeit schenken?
Treppen hatten immer schon eine große Bedeutung, das zieht sich durch die ganze Architekturgeschichte. Man muss nur an die Prunkstiegenhäuser von früher denken. In gewissen Epochen ist das untergegangen, aber das war in einer Zeit, in der Gestaltung weniger wichtig war, wie etwa in der Nachkriegszeit. Abgesehen davon waren Treppen immer Thema – von Michelangelo über Le Corbusier bis heute.

Treppen können ganz unterschiedlich gestaltet sein. Was empfehlen Sie Ihren Kunden?
Ich versuche immer, eine Raumverstärkung herbeizuführen. In Einfamilienhäusern sind Freiflächen und Offenheit oft begrenzt. Mit einer Treppe kann man genau das erreichen. Die Stiege ist der einzige Vertikalraum, der Ebenen verbinden und öffnen kann. Ich würde eine Treppe daher nicht in einen Schacht sperren, sondern versuchen, sie in den Raum zu integrieren. Mit einem Oberlicht oder mit Beleuchtung kann die Raumwirkung verstärkt werden. Berücksichtigen sollte man auch, dass sich Abläufe und Gewohnheiten verändern. Ich versuche daher, stets die Möglichkeit eines Aufzuges bereitzuhalten. Ein weiteres Kriterium ist, woraus das Haus gebaut ist – ist es aus Beton, ist eine Betonstiege logisch.

Gerade oder gewendelt: Wie weiß man, welcher Treppentyp zu einem passt?
Das hat mit der Architektur, mit der Anzahl und dem Alter der Bewohner und deren Bewegungsabläufen zu tun. Daraus ergibt sich, welche Stiege in welches Haus passt.

Welche Unterschiede gibt es beim Treppenbau in Neu- und Altbauten?
In Neubauten sind die Möglichkeiten fast uneingeschränkt, selbst bei schwierigen Grundstücken. Soll bei Altbauten aufgestockt werden, kann das kompliziert werden. Meine Erfahrung hat gezeigt: Sofern es sich nicht um ein qualitativ besonders interessantes Objekt handelt, ist Abbrechen und Neubauen meist sinnvoller.

Treppen verschlingen wertvolle Wohnfläche – ist das ein Mythos?
Das ist ein Vorurteil, man verliert keine Wohnfläche. Im Gegenteil: Man gewinnt auf jeder Ebene wertvollen Raum hinzu. Eine Treppe wird wie jeder andere Bereich genutzt. Ein Haus soll ja keine Folterkammer sein, deshalb muss man den Bewohnern entsprechend Platz zum Leben und Arbeiten geben. Eine Stiege vergrößert den Wohnraum und schafft auf allen Ebenen zusätzliche Flächen. Zudem generiert eine Treppe ein besonderes Raumgefühl. Diese Stimmung überträgt sich auf jedes Geschoß.

Gewendelte Treppen sind platzsparend, können aber unpraktisch sein. Wie sehen Sie das?
Die runde Treppe ist selten, denn man benötigt eine gewisse Dimension, um sie bequem nutzen zu können. Eine kleine Wendeltreppe kann bei großer Enge als Notlösung dienen. Aber man muss sich bewusst sei, dass sie leider schwer zu benutzen ist, vor allem wenn man etwas in der Hand hat.

"Stiegen vergrößern den Wohnraum"
Was tut man, wenn die Mobilität im Alter eingeschränkt ist?
Treppenlifte bzw. Hebebühnen können problemlos im Nachhinein eingebaut werden und gehen sich auch auf kleinstem Platz aus. Im Vorfeld kann man folgende Überlegung anstellen: Verfügt ein Haus über zwei Ebenen kann man Platz für einen Aufzug lassen. Bei drei Geschoßen sollte man die Einbaumöglichkeit eines Aufzuges auf jeden Fall berücksichtigen und ab dem vierten Stock ist der Aufzug von Anfang an zu überlegen.

Welche Sicherheitsaspekte sind zu bedenken? Wie werden Stufen trittsicher?
Die Treppe muss bequem zu benützen sein, die Stufen sollten alle gleich hoch sein. Je nach Material gibt es unterschiedliche Verfahren, um Rutschen zu vermeiden. Stahl wird etwa kugelgestrahlt und mit einem Anstrich versehen. Oder man fräst oder klebt Sicherheitsstreifen auf. Bei Keramik sollte man Platten wählen, die trittsicher sind. Hinterher kann man noch zusätzlich transparente Streifen auf die Vorderkanten kleben.

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